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BSVÖ Durchblicken & Durchhören: Audiodeskriptionsexpertin Anke Nicolai im Gespräch

  • anke nicolai © BSVÖ/Anke Nicolai priv.

Ob die zu allem bereite Königstochter nach dem Dolch greift, der Liebhaber klammheimlich aus der Kammer verschwindet oder der Bösewicht aus seinem Versteck heraus dem Liebespaar nachspioniert: Bühne lebt vom Schauspiel und von großen Bildern. Aber auch blinde und sehbehinderte Menschen besuchen mitunter gerne und regelmäßig Theater, Oper und Co. Damit auch sie die Aufführung mit allen Sinnen genießen können, heißt das Zauberwort: Audiodeskription!

 

Im Sommer 2024 gibt die Oper BURG GARS gleich mehrere Premieren. Nicht nur ist es für Starbariton und BSVÖ-Botschafter Clemens Unterreiner die erste Saison als Intendant, auch wird mit einer Live-Audiodeskription zu Gaetano Donizettis „L’elisir d’amore – Der Liebestrank”, der diesjährigen Sommeroper, zum ersten Mal eine Freiluft-Opernaufführung als inklusives Erlebnis gefeiert.

 

Im Vorfeld erzählte die Audiodeskriptionsexpertin Anke Nicolai dem BSVÖ, was für die gelungene Audiodeskription einer Musikproduktion notwendig ist, warum manchmal weniger mehr ist und worauf wir uns bei der Aufführung von „Der Liebestrank“ bei der Oper BURG GARS besonders freuen können. Das ganze Gespräch finden Sie im Downloadbereich am Ende des Artikels – jetzt streamen!

 

Auf die Sprache geschaut!

Eine der großen Herausforderungen bei der Erstellung einer guten Audiodeskriptions-Produktion liegt in der Sprache, verrät die Berlinerin Anke Nicolai, die mit ihrer eigenen Produktionsfirma und in Kooperation mit Audio2 die Live-Audiodeskription zu „Der Liebestrank“ plant und vor Ort umsetzt. Davor gilt es, sich die Produktion genau durchzudenken. Was muss beschrieben werden und was ist überflüssig? Welche Details für ein einwandfreies Verständnis der Handlung notwendig sind und welche Zusatzinformationen für das ganzheitliche Erlebnis sorgen, muss für jede Produktion neu herausgefunden werden. An dieser Stelle ist es notwendig, mit betroffenen Personen zusammen zu arbeiten, weiß Anke Nicolai. Beim Testhören mit einer blinden Person wird nachkorrigiert und noch einmal ganz genau darauf geachtet, dass die Live-Kommentation perfekt auf die Produktion abgestimmt ist. Aber noch ein anderer Punkt ist der Berlinerin wichtig: die Sprache soll auf keinen Fall wertend sein, sondern objektiv erzählen. Keine einfache Aufgabe, wenn man darin nicht geübt ist! Bei der Audiodeskription nicht ins Blaue hinein zu erzählen, sondern die eigene Sprache auf Vorurteile, Stereotypen und womöglich sogar diskriminierende Ausdrücke zu prüfen, ist deshalb unumgänglich.

Mehr Ausbildung, mehr Audiodeskription

Wer Interesse daran hat, selbst im Bereich der Audiodeskription tätig zu werden, hat es nicht ganz einfach. Wie in vielen anderen Bereichen der Barrierefreiheit fehlen auch hier genormte und landesweit verfügbare Angebote, die etwa auf Fachhochschulen oder Universitäten den Lehrplan bereichern würden. Der BSVÖ fordert seit Jahren, dass Barrierefreiheit in unterschiedlichen Disziplinen verstärkt von Fachpersonal und Expert:innen mit Erfahrung unterrichtet wird und so der Bildungs- und Wissenszugang ausgebaut wird. Wer sich schulen lassen möchte, professionell Filme oder Live-Produktionen zu beschreiben oder als Hörfilmautor:in tätig werden möchte, steht somit meist vor der Herausforderung, sich in individuellen und meist selbst finanzierten Schulungen, Kursen und Lehrgängen Wissen und Erfahrung anzueignen. Die Arbeit von Expert:innen an (oftmals privaten) Akademien, Einrichtungen und Institutionen ist deshalb weiterhin für das Grundlagenwissen um Audiodeskription und Hörfilmproduktion grundlegend. Anke Nicolai, die in Deutschland gemeinsam mit Marit Bechtloff die Hörfilmakademie leitet, sieht diesen Umstand durchaus kritisch. Es bräuchte mehr Angebot, um in weiterer Folge auch mehr qualitativ hochwertige Audiodeskription verfügbar zu machen. Hierzu fehlen weitgehend die Ressourcen, was sich im Endeffekt negativ auf eine chancengleiche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auswirkt.

Liebeszauber in Burgmauern

Clemens Unterreiner, Intendant der Oper BURG GARS, der sich nach seiner vorübergehenden Erblindung als Kind seit vielen Jahren als Botschafter des BSVÖ für blinde und sehbehinderte Menschen einsetzt, verwirklichte mit der inklusiven Aufführung einen lang gehegten Traum. Da kommt es gelegen, dass sich Donizettis „Der Liebestrank“ besonders für die Adaption mit Live-Kommentar eignet: „Der Liebestrank ist für unsere Premiere der Oper für blinde und sehbehinderte Menschen besonders geeignet, da die Oper einer klaren und verständlich zu erzählenden Handlung folgt. Es geht um Leidenschaft, Liebe und zum Schluss wartet ein Happy End! Zudem passt die Oper perfekt in die historische Kulisse der Burg Gars mit dem Charme der tausend Jahre alten Burgmauern – ein Gesamterlebnis, das nun auch für blinde und sehbehinderte Menschen deutlicher wahrnehmbar wird!“

Dr. Markus Wolf, Präsident des BSVÖ, sieht in der Aufführung der Oper BURG GARS einen wichtigen Schritt in Richtung inklusiver, kultureller Teilhabe, für die sich der Verband einsetzt. „Nur wenn inklusive Angebote geschaffen werden, können auch wirklich alle, die wollen, partizipieren. Auch blinde und sehbehinderte Menschen gehen gerne ins Theater, ins Kino oder ins Museum. Mit Audiodeskription, Tastangeboten oder vermittelnden Führungen kann Teilhabe inklusiv gelebt werden. Das ist ein wichtiges Ziel für eine faire und chancengleiche Gesellschaft.“


Anke Nikolai, die mit Ihrem Team am 1.8. die Audiodeskription live einsprechen wird, freut sich auf den inklusiven Abend und verrät, weshalb ihr das Ende besonders ans Herz rührt: bevor der Vorhang fällt, triumphiert die Liebe. Ein Happy End also für die Aufführung von „Der Liebestrank“ auf allen Ebenen!

Jetzt bestellen

„Der Liebestrank“ – jetzt live erleben!

Die Vorstellung von „L’elisir d’amore“ – „Der Liebestrank“ mit Audiodeskription findet am 1. August 2024 um 20 Uhr statt. Es handelt sich um eine Freiluftaufführung. 

Karten unter:

Tel.: +43 2985/33000 oder unter office@operburggars.at 
Alle Informationen unter: https://operburggars.at

 

Weiterführende Links

Anke Nicolai Audiodeskription: https://www.inklusion-kultur.de/praxispartner/anke-nicolai-audiodeskription-2/

Die Hörfilmakademie: https://hoerfilmakademie.de/

BSVÖ: Oper für blinde und sehbehinderte Menschen: „Der Liebestrank“ mit Audiodeskription in der Oper BURG GARS: https://www.blindenverband.at/de/aktuelles/2212/Oper-fuer-blinde-und-sehbehinderte-Menschen-Der-Liebestrank-mit-Audiodeskription-in-der-Oper-BURG-GARS

Oper BURG GARS„Der Liebestrank“: https://operburggars.at/portfolio-item/der-liebestrank/

 klingt komisch. Vielleicht alternative Formulierung?

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