Praxistipps Blindenführhunde
Warum soll es ein Blindenführhund sein?
Blindenführhunde sind für ihre Besitzer_innen wichtige Begleiter am Weg zur selbstständigen Mobilität. Aber wie kommt man zu einem Blindenführhund und welche Ausbildung ist notwendig? Wir haben hier die wichtigsten Punkte für Sie zusammengefasst!
Warum soll es ein Blindenführhund sein?
Die verlässliche Navigation durch ein bewegtes Leben ist nicht immer einfach.
Blinde und sehbehinderte Menschen, die sich nicht auf den eigenen Sehsinn verlassen können, finden ihre Strategien, um möglichst selbstständig an ihr Ziel zu kommen. Unter den vielen Möglichkeiten, die zur Orientierung und Gefahrenvermeidung dienen, wählen einige den Blindenführhund.
Mit der Begleitung auf vier Beinen erhöht sich die Sicherheit als Fußgänger. Hindernisse können vermieden und gesuchte Objekte angezeigt werden; die bessere Orientierung reduziert den Stress der Begegnung mit einer neuen Umgebung. Viele Führhundbesitzer geben an, dass durch den Hund eine eindeutige Steigerung ihrer Lebensqualität geschieht und dass sie aus dem Miteinander mit dem Hund lernen, unbekannten Situationen entspannter entgegen zu gehen. Dennoch ist ein Blindenführhund nicht für jeden die optimale Option, denn es gibt einiges, das vor der Beschaffung des Hundes zu bedenken ist. Sind genügend Ressourcen vorhanden, für den Hund zu sorgen?
Kann ich mir vorstellen, für die nächsten 8 bis 10 Jahre einen Hund in meinem Haushalt zu haben? Und nicht zuletzt: ist es denn überhaupt leistbar?
Aufgaben eines Blindenführhundes
Die Aufgabenbereiche eines Blindenführhundes sind vielfältig und es ist beeindruckend, was die sensiblen Tiere zu leisten fähig sind.
Vorrangiges Ziel ist es, den Menschen sicher durch seine Umgebung zu begleiten und vor Situationen zu bewahren, die zu Stress oder im schlimmsten Fall zu Verletzungen führen könnten.
Trainierte Führhunde erkennen Hindernisse am Boden oder an den Seiten des Weges und zeigen Höhenunterschiede an, die zu Stolperfallen werden könnten. Sie zeigen Zebrastreifen und Übergänge an, finden Stiegenaufgänge, Aufzüge oder sogar Haltestellen von öffentlichen Verkehrsmitteln. Blindenführhunde können unter anderem Ausgänge, Ampeln, Treppen und Sitzmöglichkeiten finden und anzeigen und bekannte Wege selbstständig führen. Führhunde werden darauf trainiert, Situationen im Voraus einschätzen zu können und den Menschen vor heiklen Situationen zu bewahren. Im Extremfall verweigert ein Führhund einen Befehl, um seinen Menschen vor Gefahr
zu schützen. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass der Hund kein allumfassender Ersatz für einen menschlichen Begleiter sein kann. Ist es dem Hund auch möglich eine Vielzahl von Kommandos zu lernen, so darf nicht erwartet werden, dass er etwa öffentliche Verkehrsmittel auseinander kennt, oder bei Kreuzungen auf grünes Ampellicht wartet.
Finanzierung eines Blindenführhundes
Während in anderen europäischen Ländern der Blindenführhund
als Hilfsmittel gerechnet und dadurch finanziert wird, gibt es in Österreich
leider noch keine derartige Regelung.
Die Krankenversicherung sieht keine Leistungspflicht in der Führhundfinanzierung, was bei einem Preis von über 30.000 Euro pro Tier einen schmerzlichen Umstand ausmacht. Wer sich dennoch für den Führhund entscheidet, ist auf verschiedene Stellen angewiesen, die in unterschiedlicher Höhe Förderungen ausschütten. Das Sozialministeriumsservice ist wohl die wichtigste Anlaufstelle im
Finanzierungsmarathon, und auch die Bezirkshauptmannschaften und Magistrate können um Unterstützung angefragt werden. Da es aber noch immer nicht zu einer Harmonisierung der Förderlandschaft in den österreichischen Bundesländern gekommen ist, muss bei der Mitfinanzierung
durch die Bundesländer mit unterschiedlicher Unterstützung gerechnet werden. Eine weitere Finanzierungshilfe ist die Pensionsversicherungsanstalt und auch um Zahlungen aus dem Ausgleichstaxfond kann angesucht werden. Generell gilt aber leider, dass jede Unterstützung
nicht aus Leistungspflicht oder einem Rechtsanspruch heraus entsteht und dementsprechend
nicht von Ausfinanzierung ausgegangen werden darf. Der Blinden- und Sehbehindertenverband
setzt sich dafür ein, dass es zu einer österreichweit besseren Förderlage im Bezug auf Blindenführhunde kommt. Nur ein Hund, der auch als offizieller Assistenzhund im Behindertenpass eingetragen ist, wird gefördert!
Ausbildung eines Blindenführhundes
Blindenführhunde sind außergewöhnlich gut geschulte Tiere,
die große Verantwortung übernehmen. Die Ausbildung eines Hundes dauert entsprechend lange und muss von Expertenstellen übernommen werden.
Versichern Sie sich, dass Sie die richtige Ausbildungsstelle aussuchen. Hundeschulen sind freie Gewerbe, die ohne verpflichtenden Befähigungsnachweis operiert werden können. Achten Sie darauf, eine anerkannte Schule auszusuchen, die auch bereit ist, einen Vertrag über die in Anspruch genommenen Leistungen auszustellen. Ist ein geeigneter Hund zur Ausbildung zugelassen, wird er darauf geschult, auf Kommandos zu reagieren und in seiner Rolle als Führhund auch immer den Menschen am Ende des Führgeschirrs mitzudenken. Führhunde lernen um die 70 Hörzeichen
und sind normalerweise bereit, weitere Kommandos zu verinnerlichen. Da die Ausbildung sehr
umfangreich ist, nimmt sie auch viel Zeit in Anspruch. In der Regel ist der Blindenführhund mit zweieinhalb Jahren bereit für seinen Einsatz. Regelmäßiges Training ist dennoch wichtig, um alle notwendigen Anweisungen aufzufrischen. In Österreich gibt es mehrere Schulen, die Blindenführhunde mit der erforderten Expertise ausbilden und gleichzeitig auch auf die Bedürfnisse der Tiere eingehen. Neben der Schulung des Hundes ist auch das gemeinsame Lernen von
Führhund und Hundehalter eine wichtige Voraussetzung für ein gutes Miteinander.
Prüfung zum Blindenführhund
Bevor der Hund als offizieller Assistenzhund in den Behindertenpass
eingetragen werden kann, muss er in verschiedenen Etappen beweisen, dass
er zum Führhund geeignet ist.
1. Gesundheit
Ist der Hund körperlich fit und hat er sich bereitwillig vom Tierarzt untersuchen lassen, kann es weitergehen.
2. Verhalten
Gefordert ist sogenanntes „umweltneutrales“ Verhalten. Das heißt, dass sich der Hund nicht von allgemeinen Umwelteinflüssen aus der Ruhe bringen lassen soll. Hier wird er auf Sozialverhalten, Jagdtrieb und Geräuschempflindlichkeit getestet.
3. Gehorsam
Es ist essentiell, dass sich der Halter auf den Hund verlassen kann. Die Bereitschaft des Hundes, seinem Halter zu folgen, muss vorausgesetzt werden können. Das Beurteilungsverfahren ist in
die Qualitätsbeurteilung und die Teambeurteilung unterteilt. Erst nachdem die Qualitätsbeurteilung
gemeistert wurde, beginnt die Zusammenschulung mit der betroffenen Person. Die Zusammenschulung dauert je nach Person und Hund unterschiedlich lange, es muss allerdings mit mindestens 3 Monaten gerechnet werden. Die Teambeurteilung stellt schließlich die letzte große Prüfung dar. Hier wird nicht nur der Hund, sondern auch sein Halter geprüft! In einem Theorie- und einem Praxisteil muss bewiesen werden, dass das Team einwandfrei funktioniert, erst dann wird der Blindenführhund anerkannt und kann in den Behindertenpass eingetragen werden.
Gesetzliche Lage in Österreich
Blindenführhunde fallen als gesetzlich definierte Assistenzhunde unter § 39 a des Bundesbehindertengesetzes (BBG) und haben somit eine Sonderstellung inne. Mit der Eintragung des Blindenführhundes im Behindertenpass und der Ausstellung eines Beurteilungszeugnisses ist der Führhund berechtigt, den Menschen auch in Situationen zu begleiten, da einem „normalen“ Hund der
Zutritt versagt wäre. So müssen Führhunde, solange dadurch kein gesundheitliches Risiko für andere
entsteht, in Gebäude oder auch Verkehrsmittel vorgelassen werden, um den Menschen weiterhin begleiten zu können.
Sind Sie zum Führhund-Halter geeignet?
Der Wunsch nach einem Blindenführhund ist bei den Vorteilen,
die ein Hund bringt, nur zu verständlich.
Doch darf nicht vergessen werden, dass es sich hierbei um ein vollwertiges Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen und Anforderungen handelt. Ist genügend Platz in der Wohnung vorhanden, um einen Führhund zu halten? Ist es möglich, dem Hund in seiner Freizeit auch ein artgerechtes
Leben zuzugestehen? Darf er auch frei und nach seinem Hundeherz Spaziergänge genießen, in denen er nicht die Rolle des wachsamen Begleiters übernehmen muss? Was passiert, sollte der Hund krank werden? Können die nötigen Tierarztkosten übernommen werden, damit der Hund schnell wieder fit seinen Aufgaben nachkommen kann? Gibt es auch nachdem der Hund in Pension ist einen guten Platz für ihn? Können all diese Fragen positiv beantwortet werden, muss die wohl wichtigste Frage an sich selbst gestellt werden: bin ich fit und mobil genug, mit einem Blindenführhund unterwegs zu sein?
Für Blindenführhund-Neulinge gelten hier besondere Regeln. Es ist eine Mobilitätserklärung über ein
absolviertes Mobilitätstraining samt Behindertenpass an das Sozialministeriumservice zu übermitteln. Sollte noch kein Mobilitätstraining absolviert worden sein, muss dieses nachgeholt werden, bevor es zur Teambeurteilung gehen kann. Das Training kann entweder beim Sozialministeriumsservice beantragt werden oder privat bezahlt werden. Achtung! Je nach Förderstelle kann es zu längeren Wartezeiten auf die Bewilligung kommen. Erst nachdem das Training absolviert wurde, kann mit der Zusammenschulung begonnen werden. Stellen Sie also
rechtzeitig sicher, alles vorbereitet zu haben! Vergessen Sie schlussendlich nicht, dass die Lebenserwartung eines Hundes im Durchschnitt bei über zehn Jahren liegt! Sind Sie bereit, über einen so langen Zeitraum für ihren Begleiter da zu sein?
Für mehr Informationen und professionelle Beratung wenden Sie sich an die Experten in den jeweiligen Landesorganisationen des Blindenverbands.
Downloads
- Praxistipps Blindenführhunde pdf (2370kB)
- Praxistipps Blindenführhunde Rohtext (24kB)