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Schönes neues Design?

Warum barrierefreie Haushaltsgeräte kein Luxus sein dürfen

  • Barrierefreie Haushaltsgeräte © bsvö

Früher war nicht alles besser. Aber manches hat sich unter der Prämisse steten Fortschrittes dann doch in eine ungünstige Richtung entwickelt. Dass dies aber schlimme Auswirkungen auf den Alltag haben kann, zeigt sich unter anderem in der Problematik von nicht barrierefrei bedienbaren Haushaltsgeräten.

Der Trend der letzten Jahre entwickelte sich ungebremst in eine Richtung: weg von hervorstehenden Knöpfen und Schaltern hin zu einem schlanken, glatten Design, das Geräte mittels Touchscreens bedienen lässt. Moderne Haushaltsgeräte werden zu intelligenten Mitbewohnern, die wissen, wie viel Waschmittel gut für den Lieblingspullover ist und ob noch Milch im Kühlschrank steht. Taktile Bedienelemente hingegen werden als formüberholt und gestrig immer seltener beim Design neuer Geräte eingesetzt.

Für viele Menschen entstehen dadurch Probleme, die sich in viele Bereiche des Alltags ziehen. Wie das Ceranfeld bedienen, wenn es nur glatte Oberflächen zur Einstellung gibt? Wie das richtige Waschprogramm einstellen oder erkennen, dass die Kaffeemaschine nach Wartungsarbeiten verlangt?

Großer Handlungsbedarf

Aber mit den praktischen Problemen der Benutzung endet es noch nicht, denn viele Hersteller produzieren die alten, besser bedienbaren Geräte nicht mehr und bieten keine Ersatzteile mehr für Reparaturzwecke. Die Anschaffung neuer Haushaltsgeräte wird dann nicht selten zur langwierigen und frustrierenden Suche nach dem passenden Objekt. Neue Geräte sind in großer Markenvielfalt vorhanden und lassen sich in allen Preissegmenten finden. Aber sind sie auch für blinde und sehbehinderte Menschen bedienbar?

Die Antwort muss in fast allen Fällen „nein“ lauten. Lassen sich bei einigen Modellen noch einzelne Funktionen bedienen, endet es oft damit auch schon wieder. So kann der Geschirrspüler vielleicht noch gestartet werden, ein bestimmtes Programm auszuwählen ist aber nicht möglich. Herstellerlösungen sind selten und Spezialgeräte oder technische Anpassungen bedeuten in den meisten Fällen – wenn es sie im gewünschten Sektor überhaupt gibt – einen nicht unerheblichen finanziellen Aufwand. Umrüstungen müssen von blinden und sehbehinderten Konsumentinnen und Konsumenten zusätzlich zum Kauf geleistet werden und stellen reine Notlösungen dar. Eine Auswahl zwischen mehreren Modellen ist praktisch nie gegeben, blinde und sehbehinderte Personen müssen nehmen, was übrig bleibt. 

Neu, neuer, nicht immer besser

Dass sich Gebrauchsgegenstände im Laufe der Zeit verändern und verschiedenen Trends unterliegen, ist ganz normal. Die technische Entwicklung der letzten Jahre hat Dinge gebracht, die für blinde und sehbehinderte Menschen einen Fortschritt bedeuten. Von den Möglichkeiten, die etwa Smartphones bieten bis hin zum Einsatz von Sprachausgabe und Sprachsteuerung – die Bandbreite, neue Technik und Digitalisierung zum Vorteil in den Alltag zu integrieren, ist groß. Werden Neuerungen allerdings ohne Rücksicht auf alle Nutzenden umgesetzt, ist die Gefahr des Ausschlusses und der Diskriminierung enorm. Das Problem ist also nicht der Touchscreen, sondern vielmehr, dass gewisse Anforderungen von Herstellern als „besondere Bedürfnisse“ betrachtet und vernachlässigt werden.

Kein Nutzen für alle Nutzer*innen

Es bedeutet mehr als nur Komfortverlust, wenn die Bedienung eines Geräts nicht barrierefrei ist. Die Folgen eines nicht oder kaum bedienbaren Gerätes sind auch der Verlust der Eigenständigkeit, denn selbstbestimmtes Handeln wird eingeschränkt, sobald man auf Unterstützung angewiesen ist. Ganz zu schweigen davon, dass es unmöglich ist, Geräte nach Funktion und Design auszuwählen. Das Bedürfnis, Haushaltsgeräte – wenn auch nur eingeschränkt – bedienen zu können, steht vor dem Wunsch nach einem eleganten Bad oder einer stimmigen Küchenzeile. Dass auch blinde oder sehbehinderte Personen selbstverständlich Ansprüche an die Wohnungsausstattung stellen, wird schon gar nicht in Betracht gezogen.

Arbeitsgruppe Haushalt DACH

Damit sich hinsichtlich barrierefreier Haushaltsgeräte positive Entwicklungen einstellen, arbeitet die länderübergreifende Arbeitsgruppe „Haushalt DACH“ eng zusammen. Der BSVÖ ist Teil der Arbeitsgruppe, die sich über Österreich, Deutschland und die Schweiz spannt. Das Erarbeiten gemeinsamer Strategien und der fruchtbare Wissensaustausch unter den Mitwirkenden sollen den Weg zu etwas ebnen, das heute wieder nach Zukunftsmusik klingt, obwohl es in der Vergangenheit schon geklappt hat: eine breite Palette an Haushaltsgeräten verfügbar zu machen, die für alle barrierefrei bedienbar sind. Der Fokus darf hierbei allerdings nicht auf Adaptierung, technische Anpassungen oder Umrüstungen liegen; der Weg muss in Richtung „Design for all“ gehen.

 

Dieser Text erschien im Verbandsmagazin "Der Durchblick", 2, 2019.

Link zum Audio-File dieses Textes: https://www.blindenverband.at/media/file/318_08_Haushaltsgeraete_Schoenes_neues_Design.mp3

 

 

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