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Shot In The Dark

Dokumentarfilm von Frank Amann

Wem würde man weniger Leidenschaft und Genialität für Fotografie zutrauen, als einem Blinden? Shot In The Dark zeigt die durch die Ausstellung "Sight-Unseen" bekannt gewordenen Arbeiten von Bruce Hall, Sonia Soberats und Pete Eckert. Ein intimes Portrait von drei erfolgreichen Künstlern und Künstlerinnen, deren Sehschwäche zum Ausgangspunkt ihrer visuellen Erkundungen geworden ist.

Der Regisseur Frank Amann erzählt

Es ist ein Zufall. Ich stoße auf die Arbeiten dieser blinden Fotografen und Fotografinnen bei den gestaltenden Vorarbeiten zu einem Spielfilm über einen blinden Teenager, Camera Obscura (ESP, 2011). Ich bin dort als Kameramann engagiert und zusammen mit der Regisseurin Maru Solores überlegen wir, wie blinde Menschen die Welt um sich herum erfahren, ob sie Lichteindrücke empfinden, Fantasie- oder Traumbilder sehen und wie wir das in die Sprache unserer Filmkamera übersetzen können. Bei diesen Nachforschungen gerate ich an den Katalog einer Ausstellung, Sight Unseen im California Museum of Photography, in der die Fotografien von fünfzehn blinden KünstlerInnen gezeigt werden.

Einige dieser Bilder üben eine starke Wirkung auf mich aus, nachhaltig. Ungewöhnlich, fast fremdartig erscheinen sie mir – und zugleich unverstellt und direkt. Sie beanspruchen über die Zeit dieser Recherche hinaus einen beunruhigenden Platz in meinem Gedächtnis. Bei einer Drehreise in die USA beschließe ich schließlich, zwei dieser Künstler anzurufen und es kommt zu einer Begegnung. Ich breche von diesen Besuchen später auf als ich geplant habe, denn wir vertiefen uns sofort in ein angeregtes Gespräch über Fragen wie: Wie entstehen unsere Vorstellungen im Kopf? Wie erfinden wir unsere Bilder bevor wir überhaupt die Kamera auslösen? Welche Gestalt nehmen die Bilder schließlich im fotografischen Material an, welche Überraschungen entstehen beim Fotografieren, welche teilweise unkontrollierbaren Eigendynamiken gehören zu diesem Prozess? Und welche Vorstellungen und Ideen lösen wiederum die fertigen Bilder beim Betrachten aus? „Ich sehe meine Bilder auch mit Augen“, bringt Pete Eckert bei dieser ersten Begegnung vor, „nur eben mit den Augen von anderen.“ Das Dreieck Künstler – Kunstwerk – Betrachter verschiebt sich schwindelerregend in der Praxis dieser blinden Visionäre.

Persönliche Faszination

In den folgenden Monaten halten wir Kontakt, ich bekomme immer mehr ihrer Bilder zu sehen, und mir wird klar: Das Geheimnis dieser Bilder und der Arbeitsweise dieser Künstlerinnen verwahrt sich schneller Antworten. Ich frage mich, woher diese blinden KünstlerInnen trotz aller physiologischen Hindernisse über Jahre die Lust nehmen, die Energie und das Durchhaltevermögen, ihre Kunst weiterzuentwickeln? Sie zu vertiefen, statt an der Widerspenstigkeit ihres Zugangs zu verzweifeln. Im Gegenteil, stetig ihre Intuition und ihre Techniken zu verfeinern? Beruht das Faszinosum ihrer Fotografien vielleicht wesentlich darauf, dass nichts an ihrer Arbeit selbstverständlich ist? Zunehmend erhoffe ich mir, im Austausch mit diesen KünstlerInnen etwas Neues, mir bislang Unbekanntes über die Entstehung fotografischer Bilder und über das Phänomen des Lichts entdecken zu können. Ist es etwa paradoxerweise gerade der Mangel an Licht, der sie die Schönheit und Vielfalt des Lichts erst richtig schätzen lässt, und der sie vor allem das Licht so eigenwillig und virtuos einsetzen lässt? Wird das Spiel mit dem Licht für die blinden KünstlerInnen geradezu zu einem lustvollen Selbstzweck? Verkehren sich die Einschränkungen der Blindheit in eine ästhetische Befreiung, jenseits der Eigengesetze des Kunstbetriebes oder auch unserer täglichen rezeptiven Prägungen und Abnutzungen operieren zu können?

„Weil du sehen kannst, nutzt du deine Sinne und deine Fantasie nicht im vollem Umfang. Du gibst dich zu schnell zufrieden“, sagt Sonia Soberats einmal während der Dreharbeiten zu mir. „Die Vorstellungskraft der Sehenden bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück.“ Auf diese geheimnisvolle Vorstellungskraft fokussiert sich immer mehr meine Neugier. Die reichhaltigste Spur der Fantasiewelt dieser KünstlerInnen sind die Fotografien selbst. Deshalb stelle ich ihre Betrachtung ins Zentrum des Filmes. Diese Begegnungen haben meine Vorstellung von Wahrnehmung und Imagination geöffnet und erweitert. Ein Kollege sagt nach einer Testvorführung: Nach diesem Erlebnis habe ich den Eindruck, dass diese Blinden mehr sehen als wir Sehenden.

Spezialpreis der Jury bei Internationalem Film Festival in Kirgistan

"Bir Duino International Film Festival ist als Filmfestival einzigartig in Zentralasien, weil es sich auf Themen der Menschenrechte konzentriert. In seiner zwölften Ausgabe präsentierte das Festival 2017 Dokumentarfilme aus zwölf Ländern sowie eine nationale kirgisische Sektion. Außerdem Workshops, Labs und Filmgespräche. Eine quirlige Kombination geprägt von großer Filmneugier, politischer Diskussion und sozialer Einmischung. Wir freuen uns und danken dem Festival für die Einladung von »Shot in the Dark« und wir sind stolz darauf, dass der Film mit dem Spezialpreis der Jury für die beste Regie ausgezeichnet wurde."

Link zur Homepage (Bestellmöglichkeit der DVD): https://www.shotinthedark-film.com

Link zu Frank Amann Homepage: https://www.shotinthedark-film.com

Quelle: offizielle Homepage des Films

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