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Die Umsetzung des Vertrages von Marrakesch aus menschenrechtlicher Perspektive

Statement vor dem UN Behindertenrechtskomitee von Professor Helfer im Namen der Weltblindenunion

Der Vertrag von Marrakesch ist ein internationales Instrument an der Schnittstelle zwischen Menschenrechten und den Rechten die intellektuelles Eigentum schützen. Dass seine Umsetzung dadurch nicht leichter wird, die umsetzenden Staaten aber nichtsdestotrotz allen Verpflichtungen nachkommen müssen, die ihnen laut Behindertenrechtskonvention und Vertragstext auferlegt sind, steht für den Rechtsprofessor Laurence R. Helfer von der Duke University außer Frage.

Es sei eindeutig, so Helfer, dass viele Regierungen von den Urhebern bzw. von Verlagen unter Druck gesetzt werden, unnötige Barrieren in der Umsetzung des Vertrages einzuführen. Das ist auch sicher einer der Gründe, weshalb die Zahl der Ratifizierungen nach wie vor gering ist und weltweit noch rund 300 Millionen Betroffene auf Zugang zu barrierefreien Werken warten.

 

Die zwei größten Gefahren für eine sinnvolle Umsetzung des Vertrages liegen in den zwei optionalen Klauseln, die es Staaten einerseits ermöglichen, Kompensationen für entgangene Gewinne der Verlage von den verbreitenden Organisationen, etwa Hörbüchereien, einzuheben sowie die Verbreitung zu verbieten wenn das Werk irgendwo bereits barrierefrei zu erwerben ist. Diese Klauseln würden in der Praxis nicht nur die Komplexität der Aufbereitung und Verbreitung barrierefreier Werke enorm erhöhen, sie würden auch zu großen finanziellen Belastungen und rechtlichen Risiken führen.

Um eine Umsetzung des Vertrages von Marrakesch im Sinne der Menschenrechte und der UN-Behindertenrechtskonvention zu garantieren empfiehlt Professor Helfer allen Staaten daher folgendes:

Alle im Vertragstext als Begünstigte bezeichneten Personengruppen sind zu schützen; der Begriff „barrierefreie Formate“ ist möglichst flexibel und neutral zu interpretieren; alle Organisationen sind als autorisiert einzustufen, die Dienstleistungen für Personen mit Lesebeeinträchtigungen anbieten; alle Regelungen die diesen Organisationen zusätzliche Barrieren in den Weg legen sind zu unterlassen oder zu beseitigen und die betroffenen Personen sowie ihre Vertreterorganisationen und Vertreter von Menschenrechts- und Behindertenrechtsgremien sind in der Umsetzung des Vertrages einzubeziehen. Nur wenn diese Grundbedingungen erfüllt sind und wenn sich alle Staaten an dieses Modell halten, kann der grenzüberschreitende Austausch von barrierefreien Formaten allen Individuen zugutekommen, die jetzt noch tagtäglich ihrem Recht auf Informationen beraubt werden.  

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