BSVÖ: Geheimnisvolle Linien. Mythen der Barrierefreiheit Teil 6.
Mythen © BSVÖ
Mythen der Barrierefreiheit. Grafik eines Menschen mit Brile, Taststock und Hund, um ihn Fragezeichen.
Sie befinden sich auf Bahnsteigen, in öffentlichen Gebäuden, an Straßenkreuzungen oder auch ganz unvermutet auf Gehwegen; mysteriöse Linien, gleich mehrere nebeneinander. Woher kommen sie? Wohin führen sie? Und sind sie der richtige Ort, um E-Scooter, Werbetafeln oder Kinderwägen zu parken? Was es mit den Linien auf sich hat und was sich hinter dem Kürzel TBI versteckt, erfahren Sie in sechsten Teil unserer Reihe rund um Mythen der Barrierefreiheit…
Soviel dürfen wir vorab verraten: Taktile Bodeninformation (TBI) in Form von Leitlinien führt nicht bis zum Ende des Regenbogens; aber sie bringen blinde und sehbehinderte Menschen, die sich an ihnen orientieren, ihrem Ziel näher.
So zumindest in der Praxis. Taktile Bodeninformation sollen für Barrierefreiheit und selbstbestimmte Orientierung sorgen. Sie werden dort eingesetzt, wo vorhandene Raumelemente die Funktion (Leitung oder Aufmerksamkeit und oder Warnung) nicht erfüllen können und sind in vielen Räumen als verpflichtende Elemente. Festgehalten wird diese Verpflichtung in der harmonisierten Bauvorschrift OIB Richtlinie 4. Wer es genau wissen will: Vorgaben dazu, was durch dieses Leitsystem allgemein und in Abhängigkeit von der Art der Gebäudenutzung anzubinden ist, enthalten die ÖNORM B 1600, ÖNORM B 1601, ÖNORM B 1602 und ÖNORM B 1603.
Die Wegführung durch Leitlinien hat den Sinn, blinden und sehbehinderten Menschen eine selbstbestimmte Navigation und Orientierung zu erleichtern und Räume taktil zu erschließen. Mittels Langstock oder auch durch die Fußsohlen wird die Information ertastet und so zum Wegweiser. In der Regel führen die Leitsysteme zu Orten von Interesse, etwa zu Schutzwegen, Eingängen in Gebäude oder Serviceportale, Stationen öffentlicher Verkehrsmittel oder im Inneren von Gebäuden zu Portiersstellen, Aufzügen, Informationspunkten oder weiteren Wegweisern.
Für wen sind Leitlinien nun da? Richtig, für Menschen, die sich an ihnen orientieren. Wofür sind sie nicht gedacht? Um als Abstellfläche für Gegenstände jeder Art zu dienen. Weder Mistkübel noch Fahrräder und schon gar keine E-Scooter haben etwas auf ihnen verloren. Und bitte geben auch Sie darauf acht, auf (womöglich überfüllten) Bahnsteigen nicht am Leitsystem zu stehen. So können Zusammenstöße vermieden werden und blinde und sehbehinderte Menschen unbeschadet an ihr Ziel kommen. In diesem Sinne: Weg frei für Leitsysteme!