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BSVÖ Fokus Sprache! Schaun’s, dort drüben ist Ihr Ziel!

  • Fokus Sprache © BSVÖ

Menschen reden gerne mit den Händen, gestikulieren, zeigen und deuten; in der Kommunikation mit blinden und sehbehinderten Menschen kann dies aber in eine Sackgasse führen. Und nicht alle sagen Bescheid, wenn sie sich aus einem Gespräch verabschieden. Ferdinand, selbst blind, erzählt von seinen Erlebnissen…

Ferdinand hat schon einiges mitgemacht. Für gewöhnlich mit Dreipunktschleife und Langstock unterwegs, sollte er für die meisten Menschen als blind oder sehbehindert erkennbar sein. Aber nicht alle reagieren entsprechend darauf, was zu so mancher seltsamen Situation führte. „Einmal war ich am Hauptbahnhof in Wien und mein Zug fiel aus. Eine Alternative kam bald, startete allerdings von einem anderen Bahnsteig los. Ich fragte mich also durch, wohin ich müsste und bekam von einer älteren Dame zur Antwort: „Schaun Sie, dort drüben steht der Zug schon bereit!“ Ich klärte mein Gegenüber auf, dass ich den Zug nicht sehen würde, auch wenn sie noch so vehement deutete. Wir mussten beide Lachen – scheinbar war die Dame selbst in Eile gewesen und hatte nicht auf meinen Stock und meine Schleife geachtet. Das kann schon mal passieren. Manche Menschen gestikulieren ja auch beim Telefonieren mit dem Handy am Ohr. Das kann der Mensch auf der anderen Seite der Leitung nicht sehen. Und trotzdem tun sie’s….“ Ferdinand hat sich, so berichtet er, deswegen angewöhnt konkret darum zu bitten, an das Ziel begleitet zu werden, wenn er alleine unterwegs ist. „Das funktioniert in der Regel sehr gut“, erzählt er. Die meisten Menschen sind sehr hilfsbereit und bringen mich direkt dorthin, wo ich hinmöchte.

Eine andere Situation, die er schon oft erlebte, passierte vor allem in kleineren Runden. „Wir sitzen zu dritt am Tisch und plaudern. Einer steht auf, um sich noch einen Kaffee zu holen oder aufs WC zu gehen. Das bekommen die anderen natürlich mit. Ich aber nicht. Und dann kann es schon passieren, dass ich mit besagter Person weiterplaudere, obwohl dir gar nicht da ist!“ Das sei, so Ferdinand, in der Gruppe nicht so schlimm; die anderen können ihn ja schnell aufklären. Es ist ihm aber auch schon passiert, als sie nur zu zweit unterwegs waren. „Da stehst du dann wie ein Depp und redest mit der Luft, weil sich der andere kurz aus den unterschiedlichsten Gründen davonmacht.“ Vor allem bei Wochenendausflügen mit der Freundin würde er das immer wieder erleben. „Ja, sie kann das besonders gut“, lacht Ferdinand. „Da fällt ihr etwas in einer Auslage auf oder sie erinnert sich, dass sie noch schnell etwas braucht. Und weg ist sie – da habe ich auch schon einmal mit einer komplett fremden Person weitergeplaudert, weil ich einfach nicht mitbekommen habe, dass sie geschwind in den Supermarkt abgebogen ist.“ Inzwischen käme das aber nur noch selten vor, meint Ferdinand. Und wenn, dann nimmt er es locker.

Was ihm aber im Gespräch immer wieder auffällt, ist, dass Menschen, die ihn nicht so gut kennen und die bisher nur wenig mit blinden oder sehbehinderten Menschen zu tun gehabt haben, übervorsichtig in ihrer Kommunikation sind. „Manche versuchen, ganz besonders gut acht zu geben, nichts zu sagen, was mich verletzen könnte. Einmal meinte einer beim Verabschieden: „Auf Wiedersehen, Herr K.“ In dem Moment habe ich schon gemerkt, wie er zusammenzuckt. Er hat sich dann auch gleich mehrfach entschuldigt, auch wenn ich ihm versicherte, dass er sich keine Sorgen machen müsse. Das ist eben die Sprache und ich fasse es überhaupt nicht als Beleidigung auf! Ich sage ja selbst hin und wieder Sachen wie: na schaun wir mal! Oder: ich schau mir das an. Oder: wir sehen einander morgen! So eng darf man das nicht sehen. Ich habe aber auch blinde Freundinnen und Freunde, die sich sehr wohl wünschen, dass hier mehr auf die Sprache geachtet wird.“

Unterm Strich geht es Ferdinand vor allem um die Aufmerksamkeit. „Ich möchte nicht mitten im Gespräch allein da stehen und mit der Wand reden. Und ich möchte auch nicht, dass mir jemand den Weg mit dem Finger zeigt und sich dann aus dem Staub macht. Wenn wir alle ein bisschen besser auf einander Acht geben, können wir solche Situationen aber leicht vermeiden. Und wie immer gilt: ein freundlicher, aufmerksamer und respektvoller Umgang macht das Leben einfach leichter!

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