BSVÖ Durchblick: Braille vereint
Jede Sprache und ihre wächst und verändert sich ständig - so auch wie sie geschrieben wird. Das gilt natürlich auch für Braille! Wie Braille verbessert und den Bedürfnissen der Braille-Nutzer:innen besser angepasst werden kann, entscheiden neben anderen Faktoren auch Gremien. Prof. Erich Schmid, Vorstand der Österreichischen Brailleschriftkommission, erzählt uns von neuen Standards und vereinten Schreibweisen.
Sie können den gesamten Text auch anhören! Als Audiodatei steht er am Ende des Artikels zum Streamen bereit!
Bericht von Herrn Prof. Erich Schmid:
Seit 1995 bin ich Vorsitzender der österreichischen Brailleschriftkommission und österreichischer Vertreter in dem 1998 gegründeten Brailleschriftkomitee der deutschsprachigen Länder. Dieses Gremium besteht aus sieben entsandten Vertreter:innen und einer Protokollführerin.
Auf Antrag Deutschlands soll es einen Standard für Brailleschrift im öffentlichen Bereich auf europäischer Ebene (CEN) geben. Ich vertrete Österreich auch in diesem Gremium. Die österreichische Normungsgruppe ist als Spiegelgremium tätig. Dieser Standard wird hoffentlich 2024 der Öffentlichkeit zur Stellungnahme übergeben.
Im Brailleschriftkomitee der deutschsprachigen Länder, dem übergeordneten Gremium, gab es im Jahr 2023 keine persönlichen Treffen, aber mehrere Online-Zusammenkünfte. Neu waren zwei öffentliche Online-Veranstaltungen. Bei der einen ging es um das 8-Punkt-Computerbraille, in der anderen wurde der von der Gruppe entwickelte Zeichensatz DETAIL (Detaillierte Erweiterbare Taktile AlphabetIdentifikationsListe) vorgestellt. Der Zeichensatz DETAIL musste geschaffen werden, weil eine Verordnung der EU vorschreibt, dass die Schreibung, besonders von Namen, innerhalb der EU einheitlich sein muss, unabhängig davon, welches Alphabet (latein, kyrillisch, griechisch, …) verwendet wird. Dies ist zum Beispiel für Ausweise besonders wichtig. Somit sind den mehr als 1000 Zeichen Punktkombinationen zuzuordnen. Da mit acht Punkten nur 255 unterschiedliche Punktkombinationen möglich sind, mussten in manchen Fällen Zeichen mit bis zu drei Braillezellen dargestellt werden. Das System eignet sich nicht zum flüssigen Lesen, ist aber eindeutig und wird hoffentlich in nächster Zeit als Zusatzmöglichkeit in die Screenreader eingebaut.
Peter Brass hat die englische Vorlage zur Braille-Lautschrift ins Deutsche übersetzt. Die Herausgabe der deutschen Lautschrift ist bisher leider noch immer nicht erfolgt.
Eine wichtige Initiative zur Bekanntmachung der Brailleschrift ist das Projekt der Lego Foundation „Lego Braille Bricks“ (https://www.braillebricks.com). Auf spielerische Weise soll das Erlernen der Brailleschrift gefördert werden, vor allem, wenn Kinder mit Blindheit oder Sehbehinderung gemeinsam mit sehenden Kindern spielen und lernen. Während bisher Kisten mit den Lego Bricks ausschließlich an Organisationen kostenlos abgegeben wurden, werden ab 2024 Zeichensätze verschiedener Länder auch käuflich zu erwerben sein.
Seit dem Frühjahr 2022 bin ich als Vertreter Österreichs Mitglied in einem Projekt der Europäischen Blindenunion (EBU) zur Verbreitung der Brailleschrift. Die Arbeitsgruppe „Living Braille“ (www.livingbraille.eu) hat ein Promotionsvideo in verschiedenen Sprachen produziert (
s). Für 2024 ist eine Umfrage in mehreren Sprachen zur Nutzung von Braillezeilen im Zusammenhang mit Computern und Smartphones geplant.Mehr lesen!
Sie möchten noch mehr schmökern? Unter diesem Link gelangen Sie zur Gesamtausgabe des Verbandmagazins "Der Durchblick" des 1. Halbjahres 2024: https://www.blindenverband.at/de/information/durchblick/archiv/2221/Der-Durchblick-2024
Es steht Ihnen der Download als PDF, als Rohtext und auch als Audiofile (MP3) zur Verfügung!
Wenn Sie das Verbandsmagazin abonnieren möchten, so schreiben Sie bitte an: pr@blindenverband.at und lassen Sie uns wissen, in welcher Form (Schwarzdruck, Braille, DAISY) Sie es gerne nach Hause geschickt bekommen würden!
Viel Spaß beim Lesen!
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