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BSVÖ im Fokus Disability Pride Month II: Zwischen Stolz und Selbstbestimmung

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Disability Pride Month – wer für den Titel des Monats eine deutsche Übersetzung finden will, stößt schnell auf eine Grenze: Wie kann der „Stolz“, der im „Pride“ steckt, verstanden werden? Warum braucht es ihn und was hat er den Vorurteilen entgegen zu setzen? Lesen Sie mehr im BSVÖ-Fokus.

Mit Pride Month verbinden viele nicht den Monat Juli, sondern, eine Kalenderstelle zuvor, den Juni. Hier nimmt sich nämlich die LGBTIQ+ Bewegung Raum, um für Sichtbarkeit, Gleichberechtigung und Respekt zu demonstrieren. Der Begriff „Pride“ der durch den Aktionsmonat diesbezüglich  popularisiert wurde, hat aber nichts mit einem Überheblichkeitsgefühl oder stolzen Herabblicken auf Andere zu tun; ganz im Gegenteil. Pride, das bedeutet Akzeptanz und Gleichwertigkeit.

Stolz auf Augenhöhe

Erklärend heißt es zum Begriff Pride: „Er beschreibt den selbstachtenden und damit stolzen Umgang mit der eigenen sexuellen Identität. Stolz wird dabei im Sinne eines gegenüber anderen gezeigten Selbstwertgefühls verwendet,[1] das heißt, so zu sein, wie man ist, sich nicht vor anderen verstecken oder sich für andere verstellen zu wollen und gegebenenfalls für seine Rechte einzutreten.“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/LGBT-Pride)

Auch auf den Disability Pride Month lässt sich dieses Selbstverständnis übertragen, denn auch hier geht es nicht darum, Stolz im Sinne einer Besserstellung auszulegen. Raúl Krauthausen hält hierzu in seinem 2022 publizierten Artikel fest, dass er lange mit dem Begriff nicht viel habe anfangen können, lag es ihm doch fern, auf seine Behinderung stolz zu sein: „Anfangs haderte ich mit dem Begriff. Denn „Pride“, ins Deutsche mit „Stolz“ übersetzt, wirft erst mal die Frage auf:

„Stolz worauf?“. Warum sollte man überhaupt Stolz auf die eigene Behinderung empfinden? Fühlt sich das nicht ein wenig masochistisch an? Stolz auf etwas zu sein, das aus Sicht der Mehrheitsgesellschaft (und teilweise meiner eigenen Internalisierung) im Grunde „nicht funktioniert“? Ist es nicht genug, dass ich meine Behinderung akzeptiere? Warum muss ich auch noch stolz darauf sein?“

Mit der Zeit aber erkannte er in der Pride einen wirkungsvollen Begriff, dessen Bedeutung er neu für sich definieren konnte und als Zusammenfassung verschiedener Ideen, Stimmungen und Verbindungen verstand:

  • Ein allgemeines Fehlen oder Nachlassen der Scham oder Verlegenheit über meine Behinderung und wie ich denke, dass sie von anderen wahrgenommen wird.
  • Ein Gefühl positiver, erfreulicher, stärkender Verbundenheit mit anderen behinderten Menschen, auch mit solchen, die ich nie traf oder von denen ich nie gehört habe.
  • Ich fühle mich glücklich und ermutigt, Teil einer Gemeinschaft und Kultur oder einer Gruppe von Gemeinschaften und Kulturen zu sein, in denen Behinderung die gelebte Verbindung ist.
  • Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass eine Behinderung uns oft notgedrungen zu Problemlöser*innen und innovativen Denker*innen macht und dazu führt, dass wir die Welt durch eine einzigartige und somit auf einzigartige und wertvolle Weise wahrnehmen.

 (Quelle: https://raul.de/allgemein/das-sind-die-tuecken-des-disability-pride-month/)

Pride bleibt

Der Disability Pride Month hat seit seiner Einführung nicht an Bedeutung und Aktualität verloren. Weiterhin bleiben viele der Forderungen seiner Anfänge als unerfüllte Leerstellen stehen und ist ein Pochen auf die Umsetzung von Maßnahmen zum Abbau von Barrieren an der Tagesordnung. Inklusion nachhaltig zu verankern würde den Pride Month wahrscheinlich aber nicht obsolet machen. Vielleicht aber könnte er den bitteren Beigeschmack allgegenwärtiger Diskriminierungen und Vorurteile verlieren, gegen die er aktuell noch laut werden muss.

Weiterführende Links

Raúl Krauthausen: Das sind die Tücken des Disability Pride Month: https://raul.de/allgemein/das-sind-die-tuecken-des-disability-pride-month/

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