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BSVÖ im Fokus Teilhabe I : Vom Einfordern und Aufzeigen

  • Fokus Teilhabe © BSVÖ

Am 6.6. 2024 begingen Blinden- und Sehbehindertenorganisationen in mehreren Ländern den Tag der Sehbehinderung. Wir nehmen das Monat zum Anlass, unser Fokusthema auf ein Schlagwort zu bauen, das für eine inklusive Gesellschaft eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte: Teilhabe. Doch was in der Theorie gut klingt, scheitert in der Praxis oft an der Ausführung und an fehlender Barrierefreiheit. Das Ergebnis ist, dass blinde und sehbehinderte Menschen noch immer vor massiven und teils unterwarteten Barrieren stehen, die einen gleichberechtigten und unkomplizierten Lebensalltag unmöglich machen. Wo einige der größten Probleme liegen und warum Teilhabe nichts mit Zugeständnissen zu tun hat, schauen wir uns im Fokusthema des Monats genauer an.

Teilhabe – mehr als ein Schlagwort

Es ist einer der Grundpfeiler der Inklusion und gleichzeitig ein Begriff, der über seine Ursprungsbedeutung hinaus von der WHO als das „Einbezogensein in eine Lebenssituation“ definiert.

Weniger umständlich drückt es der sehbehinderte Stefan P. aus: „Teilhabe heißt für mich, dass ich uneingeschränkt das machen kann, was ich machen möchte, was ich machen muss und was ich machen sollte. Und zwar genau so wie Menschen ohne Behinderung.“

Das beginnt, so Stefan, schon in der Wiege. „Ich war als Kind schon sehbehindert. Meine Eltern haben mich in die Frühförderung gebracht und sich bemüht, dass ich von Anfang an bei allem dabei sein kann.“ Dass dies nicht immer möglich war, erlebte Stefan spätestens in der Volksschule. „Auf einmal wurde mir bewusst, dass andere Kinder Bücher ohne Hilfsmittel lesen und Sachen von der Tafel ablesen können.“

Später war aus dem Fehlen barrierefreier Informationen und Materialen ein Problem geworden, das alle Bereiche in Stefans Leben begleitete. „Ich habe mich immer arrangiert“, hält er fest. „Aber ich habe mich immer doppelt so sehr bemühen müssen, einfordern und aufzeigen, wo es mangelt. Und nicht immer habe ich bekommen, was ich gebraucht hätte.“

Die Nachteile, die ihm daraus entwachsen sind, sieht Stefan auch im finanziellen Bereich. „Klar wird viel gefördert. Aber alleine der Zeitaufwand, den man investieren muss, um Förderungen zu beantragen, Begründungen und Belege zu schicken muss mit eingerechnet werden. Und nicht immer geht es dann auch auf.“

Was es braucht

„Teilhabe muss aus allen Seiten angegangen werden“, fasst Stefan zusammen. „Es reicht leider nicht, nur eine Seite anzuschauen und zu sagen: passt, ist erledigt. Zum Beispiel in der Bildung: wenn es super taktile Bodeninformationen gibt und ich in der Uni in den richtigen Lehrsaal finde, dann aber vor einer Powerpoint Präsentation ende und die Lehrenden nur gedruckte Handzettel mit dem Stoff für mich haben, komm ich nicht weiter. Und umgekehrt ist es auch kein Spaß, wo hinzufinden, wenn Orientierungshilfen fehlen. Und das war jetzt nur für jemanden gedacht, der wie ich eine Sehbehinderung hat. Aber Behinderungen sind vielfältig, nicht alle sieht man auch äußerlich. Es braucht ein Riesenkonzept, um die Gesellschaft inklusiv zu machen.“

Nicht locker lassen dürfen

Stefan sieht Entscheidungsträger:innen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene in der Pflicht, Veränderungen zum Positiven herbei zu führen. Er ist aber auch der Meinung, dass jede:r einen Unterschied machen kann. „So sehr es mich ärgert, wenn man sich nicht rührt, dann passiert schon einmal garnichts“, sagt er. „Was bis jetzt noch nicht passiert ist, wird wahrscheinlich auch nicht mehr passieren, wenn es nicht eingefordert wird. Das heißt leider, dass es an uns liegt, aufzuzeigen und laut zu sein. Wir müssen die Probleme kommunizieren. Immer und immer wieder, bis sie endlich ankommen.“ Stefan setzt hierzu auf Netzwerke und Gruppen, aber auch auf Interessensvertreter:innen und Behindertenorganisationen, die ihrerseits wieder vernetzt sind. „Allein kommt man nur so weit, bis man ansteht“, hält Stefan fest. „Irgendwann muss man zur nächsten Anlaufstelle, die vielleicht mehr Möglichkeiten und eine größere Reichweite hat.“

Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich und seine sieben Landesorganisationen setzen sich in ganz Österreich dafür ein, dass Teilhabe gleichberechtigt und vollumfänglich gelebt werden kann. Die weltweite Vernetzung als Mitglied der Weltblindenunion und der Europäischen Blindenunion ist hierfür ebenso essentiell, wie das offene Ohr, dass Mitarbeiter:innen der Landesstellen für die Mitglieder haben. Dennoch scheint es hin und wieder ein Kampf gegen Windmühlen zu sein. Stefan P. versucht optimistisch zu bleiben, dennoch kommt der Frust immer wieder durch. „Ich will einfach nur selbst entscheiden können, was ich wann und wie machen möchte. Das ist aber oft scheinbar zu viel verlangt. Und solang sich das nicht ändert, gebe ich keine Ruh!“ Eine Ansage, an die sich der BSVÖ anschließt.

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