Formular für Anfragen

Newsletter Anmeldung

Tag der Arbeitslosigkeit? Blinde und sehbehinderte Menschen am Arbeitsmarkt.

  • Tag der Arbeit © BSVÖ

Selbstbestimmtheit heißt, eigene Entscheidungen treffen und Lebenswege gestalten zu können. Das gilt natürlich auch für den Beruf – wer einen erfüllenden Job hat, der auch noch ein Einkommen sichert, kann sich glücklich schätzen. Vor allem für Menschen mit Behinderungen gestaltet sich die Ausbildung und die Suche nach dem Traumberuf oft als frustrierende Erfahrung. Am Tag der Arbeit berichten wir, wieso sichere und integrative Arbeitsverhältnisse nicht nur vor Diskriminierung und Exklusion schützen, sondern für das Sozialsystem grundlegend sind.

Halbleeres oder halbvolles Glas?

Die gute Nachricht zuerst: Laut WKO fielen die Zahlen von arbeitslosen Personen mit Behinderung in den letzten Jahren. Waren es 2021 noch 13.876 Personen österreichweit, sank die Zahl trotz Pandemie 2022 auf 11.876. Von den begünstigen behinderten Menschen (also mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50%, nicht in Ausbildung, maximal 65 Jahre alt) waren 2022 64.177 erwerbstätig und 57.440 nicht erwerbstätig. Insgesamt, so hält die WKO fest, sind in Österreich 52,8 % der Menschen mit Behinderung erwerbstätig, während es im EU-Schnitt nur 50,8 % sind.

Das Glas ist also etwas mehr als halbvoll. Oder, anders gesehen, etwas weniger als halbleer. Denn die Zahlen der Menschen mit Behinderungen, die arbeitswillig und arbeitsfähig sind, ist hoch. Gleichzeitig sind viele schon in der Ausbildung mit Barrieren konfrontiert, die eine freie und selbstbestimmte Berufswahl unmöglich machen. Der BSVÖ erwirkte gemeinsam mit dem Klagsverband und anderen Behindertenrechtsorganisationen, dass Kinder mit Sinnesbehinderungen auch ein Recht auf Persönliche Assistenz in der Schule haben. Dies sind erste Schritte, die eine bedarfsgerechte und qualitätsvolle Bildung ermöglichen können. Für blinde und sehbehinderte Menschen bestehen aber auch nach der Grundschulzeit oft massive  Einschränkungen der Barrierefreiheit, wenn es um Weiter- und Ausbildung geht. Sowohl Hochschulen als auch Bertriebe, die Ausbildungen ermöglichen sollten, sind nicht auf die Bedarf an barrierefreien Arbeitsplätzen oder zugänglichem Lehr- und Informaitonsmaterial eingestellt, scheitern an baulicher Barrierefreiheit oder schlichtweg am Willen, Maßnahmen zur Barrierefreiheit umzusetzen. Für blinde und sehbehinderte Menschen bedeutet dies oftmals, dass Bildungswege nicht weiterverfolgt werden können oder ein großer persönlicher Aufwand gefordert wird, um das eigene Potential ausschöpfen zu können.

Ein System, das auf Arbeit baut

Ein Sozialstaat wie Österreich lebt davon, dass möglichst viele Menschen Arbeit haben und somit als Beitragszahler fungieren. Nur so kann sich das Sozialsystem auch auf lange Sicht finanzieren. Gleichzeitig sorgt ein sicherer Arbeitsplatz für persönliche finanzielle Unabhängigkeit. Menschen mit Behinderungen dürfen davon nicht ausgeschlossen werden – auch von Rechtswegen her nicht. Dennoch haben Dienstgeber nach wie vor Vorbehalte, was die Einstellung von Menschen mit Behinderungen angeht.

Strafe oder Anreiz?

Ab 25 Arbeitnehmer:innen sind Unternehmen verplfichtet, mindestens einen begünstigt behinderten Menschen einzustellen. Wenn sich ein Betrieb nicht dafür entscheidet, Menschen mit Behinderungen aufzunehmen, fallen „Pflichtzahlungen“ an. Diese Ausgleichstaxe wird jährlich valorisiert (2024 sind es 320.- monatlich pro Person, die zu beschäftigen wäre). Das Geld fließt in den Ausgleichstaxfonds, durch den unter anderem die berufliche Integration von behinderten Menschen gefördert wird.   

Gleichzeitig gibt es für Unternehmen und Betriebe, die Menschen mit Behinderungen einstellen, viele Förderungen und Beihilfen. Dazu zählen unter anderem barrierefreie Arbeitsplatzadaptierungen, Zuschuss zur barrierefreien Ausbildung, Lohnförderungen (Entgelt- und Arbeitsplatzsicherungszuschuss, Inklusionsförderung/plus/Frauen, Inklusionsbonus für Lehrlinge, Überbrückungszuschuss für Selbständige mit Behinderungen) und Mobilitätsförderungen.

Diskriminierung und Schutz

Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zum Arbeitsmarkt. Die Realität sieht aber anders aus. Blinde und sehbehinderte Menschen berichten immer wieder von Ablehnung und Diskriminierung, von Vorurteilen und Chancenungleichheit, wenn es um Ausbildungsplätze und Jobs geht. Ein Weg, sich gegen Diskriminerungen aufzulehnen, sind Schlichtungsverfahren. 2022 wurden 361 Verfahren zu Behindertengleichstellung und Barrierefreiheit durchgeführt – die Zahlen sind aber eher ernüchternd: 30 % wurden mit Einigung und 41 % ohne Einigung abgeschlossen. Bei 29 % wurde der Antrag zurückgezogen (Quelle: WKO).

Erkundigen Sie sich beider Behindertenantwaltschaft nach Möglichkeiten der Schlichtungsverfahren, wenn Sie Diskriminierung erfahren haben.

Bildungsangebote

Der BSVÖ und seine Landesorganisationen setzen sich dafür ein, dass blinde und sehbehinderte Menschen ihr Potential entfalten können und dass der Arbeitsmarkt inklusiv und chancengleich wird. Vielfältige Beratungs- und auch Ausbildungsangebote in den Landesorganisationen des BSVÖ ermöglichen es blinden und sehbehinderten Personen, ihren Bildungs- und Berufsweg mit größerer Selbstbestimmtheit einzuschlagen.

Hier gelangen Sie zu Ihrer Landesorganisation: www.bsv-austria.at

 

Weiterführende Links

BSVÖ: Folder zu selbstbestimmter Arbeit: https://www.blindenverband.at/de/information/broschueren/1255/ARBEITEN-INKLUSIV

Behindertenanwaltschaft: https://www.behindertenanwaltschaft.gv.at/

Arbeiterkammer zu Behindertenvertrauenspersonen, Kündigungsschutz und Integrativen Betrieben: https://www.arbeiterkammer.at/arbeitundbehinderung

Berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen: https://www.sozialministerium.at/Themen/Soziales/Menschen-mit-Behinderungen/Berufliche-Teilhabe-von-Menschen-mit-Behinderungen.html

Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen (WKO): https://www.wko.at/oe/news/position-behinderung

 

zurück