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#ViewsOfLife Interview mit Markus Wolf

  • ViewsOfLife © BSVÖ/Julius Kratky

In der nunmehr 12. Ausgabe von #ViewsOfLife sprach der Präsident des BSVÖ, Dr. Markus Wolf, mit dem österreichischen Journalisten Julius Kratky über 40 Jahre EBU, über den Mut neuer Ideen und die Kraft der internationalen Zusammenarbeit.

Dieses Jahr wurde die Europäischen Blindenunion 40 Jahre alt – der BSVÖ als Mitglied der beging das Jubiläum mit den EU-weiten Partnerorganisationen und widmete dem Jubiläum eine eigene Fokusreihe im Februar des Jahres. Julius Kratky, ORF_Connect Journalist und Gründer der #ViewsOfLife-Serie, wollte von Markus Wolf wissen, worin dieser die Stärken der Gemeinschaft sieht.

Der Vorteil der Zusammenarbeit, so Dr. Wolf, läge klar darin, dass die großen Fragen nur in der gemeinsamen und internationalen Kooperation gelöst werden können. „Die Entscheidungen werden in Brüssel oder Straßburg getroffen und viele der bedeutenden Errungenschaften der letzten Jahre verdanken wir der Zusammenarbeit. Wenn im international bindenden Rahmen getroffen werden, müssen sie von den Mitgliedsländern später auch implementiert werden – das hat sich vor allen in Ländern als positiv herausgestellt, in denen jene Entscheidungen so nicht getroffen worden wären. Das gilt etwa für die Braille- und Großdruckbeschriftung von Medikamenten oder auch die Gestaltung des Euros.“

Der Euro, betont Markus Wolf, zeichne sich dadurch aus, dass er in der Größe variiere und somit auch für blinde Menschen erkennbar ist. „Auch wenn man denken könnte, das sei ja wohl eine Selbstverständlichkeit: leider nein! Die USA etwa hat ein Banknotensystem, in dem alle Scheine unabhängig von ihrem Wert die gleiche Größe haben. Für blinde Menschen kann es schwierig werden, in den Staaten selbstbestimmt zu bezahlen.“

Die EBU hat in der Vergangenheit viele Fortschritte einleiten können, aber noch immer sind viele Punkte offen, die verbessert werden müssen. Welche sind die größten Herausforderungen, auf die nun der Fokus gelegt werden soll?

„Selbstbestimmte und sichere Mobilität muss weiterhin adressiert werden. Nicht alles ist hier gesetzlich gedeckt“, meint Markus Wolf und fragt sich gleichzeitig, ob es immer den Weg der gesetzlichen Verankerung benötige, oder ob in gewissen Fällen auch auf Dialog, Aufklärung- und Sensibilisierungsarbeit gesetzt werden könne. „Manche Leute halten noch immer den Dialog hoch. Aber oft können die wirklichen Fortschritte nur erreicht werden, wenn entsprechende Gesetze zum Einsatz kommen und Betriebe mehr oder weniger dazu gezwungen werden, Maßnahmen zur Barrierefreiheit auch wirklich umzusetzen.“

Markus Wolf betont den Vorteil der Zusammenarbeit im Rahmen der EBU, dass sich auch kleinere Länder gleichberechtigt mit größeren Ländern einbringen können. So setzte sich der BSVÖ in den letzten Jahren intensiv für die Barrierefreiheit von Liften ein – eine Aufgabe, die der BSVÖ durch seine Expertise in den Dienst der EBU und somit auch in den Dienst blinder und sehbehinderter Menschen in Europa stellen konnte. Nicht immer aber werden die Forderungen, die Menschen mit Behinderungen an eine inklusive Gesellschaft stellen, auch wahrgenommen.

Die andere Seite dazu zu bringen, Forderungen blinder und sehbehinderter Menschen anzuhören, zu verstehen und auch wirklich umzusetzen, sei ein oftmals mühsamer Prozess, betont Markus Wolf. Hierzu sei langer Atem und der konstante Dialog notwendig. „Wenn verstanden wird, dass die Forderungen machbar sind und keine Unsumme kosten, beginnt die Unterstützung meistens. Aber der Weg ist lang – oft setzen wir uns über Jahrzehnte für gewisse Themen ein. Das ist eine der Herausforderungen. Ich würde es schönreden, zu sagen, es sei immer einfach.“

Nicht einfach, aber notwendig ist somit die Rolle des Verbandes, die Forderungen aktuell zu halten und nicht müde zu werden, sie auf den Tisch zu bringen.

„Als Präsident des BSVÖ ist es meine Hauptaufgabe, die nationalen Themen und Fragen in die Ministerien und zu Parlamentarier:innen und Entscheidungsträger:innen zu bringen. Lobbyarbeit ist grundlegend. Auf europäischer Ebene liegen meine Aufgabenbereich in der Zusammenarbeit mit meinen europäischen Kolleg:innen. Aber auch hier spielt die Lobbyarbeit – diesmal eben auf internationaler Ebene – eine wichtige Rolle.“

Der Vorteil der Zusammenarbeit bestehe laut Markus Wolf auch im Austausch. Gemeinsam kann so von Best Practise Beispielen gelernt werden, Know-How wird auf transnationaler Ebene vermittelt. „Hier können Ressourcen zusammengelegt und Synergien genutzt werden. Wenn ein Land etwas abdeckt, kann dies eventuell auch von anderen Ländern genutzt werden.“

Was den Arbeitsmarkt angeht, gibt es zwar mehrere Arten von Jobs, die auch von blinden und sehbehinderten Menschen ausgeführt werden können – etwa im Bereich der IT, dennoch ist Arbeitslosigkeit und Chancenungleich ein großes Thema. Wenn aber Jobs durch blinde und sehbehinderte Menschen ausgeführt werden, kann das als Vorbildwirkung auch auf andere Bereiche abfärben. „Wenn Entscheidungsträger:innen erkennen, dass es hier gut klappt, so erfolgt mitunter der Rückschluss, dass es auch in anderen, ähnlichen Bereichen funktionieren wird, blinde und sehbehinderte Menschen einzustellen. Vorbildwirkungen dieser Art gibt es im Moment noch zu wenige und hier sehe ich großes Potential.“

Der BSVÖ danke Julius Kratky für das Interview!

Hier geht es zum Videocast:

https://vimeo.com/927039679

Links

Alle Folgen von #ViewsOfLife finden Sie unter: https://www.euroblind.org/about-us/members#views

Der BSVÖ hat den Spieß umgedreht und Julius Kratky zu ViewsOfLife interviewt: https://www.blindenverband.at/de/aktuelles/2137/BSVOe-Julius-Kratky-im-Gespraech--die-Stimme-hinter-ViewsOfLife

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