BSVÖ: Normen, Recht und Kinderspielzeug
Der Europäische Gerichtshof hat seine Meinung geändert. 2018 hatten zwei amerikanische NGOs das Recht auf die Einsicht in Sicherheitsnormen für Spielzeug in einem Verfahren eingeleitet – ohne positiven Ausgang. Nun hat der EuGH eingesehen, dass begründetes Interesse daran besteht, den Zugang zu harmonisierten Normen zu ermöglichen.
Der EuGH hat in einem endgültigen Urteil entschieden, dass ein übergeordnetes öffentliches Interesse besteht, das die Offenlegung der beantragten harmonisierten Normen rechtfertigt.
Hier findet ihr den Link zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs über die freie Verfügbarkeit von Normen, das Anfang März veröffentlicht wurde: https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2024-03/cp240041en.pdf
Hintergrund
Dieses Urteil ist das endgültige Urteil in der Berufungsinstanz in einem Verfahren, das 2018 von zwei in den USA ansässigen NGOs (Public.Resource.Org Inc. und Right to Know CLG) eingeleitet wurde, um die Aufhebung des Urteils des EuGH vom 14. Juli 2021 zu erwirken. Damals wurde entschieden, dass die NGOs kein Recht haben, Zugang zu den von ihnen verlangten Normen zu erhalten. Es handelte sich um Sicherheitsnormen für Spielzeug, die eine Konformitätsvermutung mit der Richtlinie über Spielzeugsicherheit begründen.
Die beiden NGOs argumentierten, dass der Urheberrechtsschutz nicht auf die beantragten harmonisierten Normen anwendbar sei und dass keine Beeinträchtigung der kommerziellen Interessen des CEN und seiner nationalen Mitglieder festgestellt worden sei. Außerdem stimmten sie nicht mit der Entscheidung der Europäischen Kommission überein, die der Ansicht war, dass kein überwiegendes öffentliches Interesse die Offenlegung der beantragten harmonisierten Normen rechtfertige, und die es versäumt hatte, ihre Weigerung, das Bestehen eines solchen übergeordneten öffentlichen Interesses anzuerkennen, ausreichend zu begründen.
Im Jahr 2019 reichten die beiden NGOs eine Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung der Europäischen Kommission beim Gericht ein, die jedoch abgewiesen wurde. Daraufhin wurde das Berufungsverfahren eingeleitet, das zu dem heutigen Urteil führte.
Reaktionen
Unter dem nachstehenden Link findet ihr die CEN-CENELEC-Mitteilung zu diesem Fall:https://www.cencenelec.eu/news-and-events/news/2024/brief-news/2024-03-05-ecj-case/
CEN-CENELEC betonen, dass das Urteil ihre Urheberrechte an den harmonisierten Normen nicht in Frage stellt und "dass der Zugang zu Dokumenten im Rahmen der Verordnung 1049/2001 unbeschadet bestehender Urheberrechtsvorschriften erfolgt, die das Recht Dritter auf Vervielfältigung oder Nutzung freigegebener Dokumente einschränken können".
Auch wenn es noch zu früh ist, um die praktischen Folgen abzuschätzen, können wir bereits das EuGH-Urteil begrüßen, in dem erneut betont wird, dass harmonisierte Normen Teil des EU-Rechts sind und somit gemäß den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit, der Transparenz, der Offenheit und der guten Regierungsführung ein Recht auf Zugang zu harmonisierten Normen besteht, was dem Standpunkt der ANEC entspricht.