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Verschiebung des Erwachsenenschutzgesetzes

Große Bedenken unter Organisationen und Interessenvertretern über Pläne der neuen Regierung

Im Jahr 2017 wurde vom Nationalrat eine Umstellung von Sachwalterschaft auf Ewachsenenschutzgesetzt beschlossenen. Die Veränderung sollte die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung deutlich erhöhen und somit auf ein selbstständigeres Leben zielen. Jetzt soll die Einführung um zwei Jahre aufgeschoben werden. Von verschiedenen Seiten werden massive Bedenken gemeldet.

Wenn das Erwachsenenschutzgesetz nicht wie geplant eingeführt wird, bedeutet das einen herben Rückschlag für die Rechte von Menschen mit Behinderungen“, bringt es Volker Frey, Generalsekretär des Klagsverbands und Mitglied des Bundes-Monitoringausschusses auf den Punkt. 

Sollte das Erwachsenenschutzgesetz nun doch nicht 2018 in Kraft treten, ignoriere Österreich menschenrechtliche Empfehlungen, beanstandet Frey. Das Modell der Sachwalterschaft wurde bei der jüngsten Staatenprüfung Österreichs durch den UN-Behindertenrechtsausschuss massiv kritisiert.

„Die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen würde mit dieser Vorgangsweise mit Füßen getreten“, empört sich Frey. Menschen mit Behinderungen waren aktiv an der Entwicklung des Erwachsenenschutzgesetzes beteiligt. „Dieser partizipative Prozess wird durch die Entscheidung vorerst an der Sachwalterschaft festzuhalten, vollkommen entwertet“, so Frey.

Der Österreichische Behindertenrat sieht den Aufschub als unvertretbar: Die Erarbeitung des Erwachsenenschutzgesetzes hat drei Jahre gedauert und war vorbildlich, insbesondere durch die aktive Einbindung der Perspektive von Menschen mit Behinderungen. Erstmalig entstand ein Gesetz in einem partizipativen Prozess, eine Verschiebung der Umsetzung des Erwachsenenschutzgesetzes zeigt fehlende Wertschätzung für diese Arbeit. Eine Überarbeitung der Sachwalterschaftsgesetzgebung war bereits lange überfällig, um eine Rechtslage gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention zu schaffen.

Auch Diakonie-Direktor Michael Chalupka zeigt sich betroffen über die jüngsten Vorhaben der neuen Regierung: „Ein jahrelanger, partizipativer Gesetzesentstehungsprozess, der unter beispielhafter Einbeziehung unzähliger Betroffener und NGOs stattgefunden hat, wird nun still und heimlich mit Verweis auf eine Verschiebung beendet – trotz eines einstimmigen Gesetzesbeschlusses im Parlament.  In der Berichterstattung ist zu lesen, dass Behindertenvertreter angeblich aktuell auch eingebunden wurden – dies wäre uns neu. Wir haben die Neuigkeiten leider aus den Medien erfahren“, führt Chalupka die Hintergründe aus.

Verständnis für den Aufschub fehlt auch der Lebenshilfe Österreich: „Wir sehen im Erwachsenenschutzgesetz einen wichtigen Schritt in der Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Der Staat Österreich soll die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Selbstbestimmung sicherstellen“, empört sich Hanna Kamrat, Vize-Präsidentin und Vorsitzende des Selbstvertretungs-Beirats der Lebenshilfe Österreich über die geplante Aufschiebung.

Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich sieht in dem Aufschub das Verzögern eines aufwendig erarbeiteten Fortschritts auf dem Gebiet des selbstbestimmten Lebens und fordert, dem wichtigen Schritt zur Selbstbestimmung nicht im Wege zu stehen.

Bürgerinitiative gegen Diskriminierung

An dieser Stelle soll noch auf die kürzlich im Parlament eingebrachte „Bürgerinitiative betreffend die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung durch die österreichische Gesetzgebung“ hingewiesen sein, die der BSVÖ aktiv unterstützt. Ziel der Bürgerinitiative ist eine gesetzliche Regelung, die verhindern soll, dass Menschen mit Behinderungen von vorne herein als arbeitsunfähig vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden. Die Unterstützung ist weiterhin online unter folgendem Link möglich: https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/BI/BI_00042/index.shtml

 

Quellen: PA Klagsverband, PA Österreichischer Behindertenrat, PA Diakonie, PA Lebenshilfe

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