BSVÖ: Barrierefreie Kunst I: Ab ins Museum!
barrierefreie Kunst © BSVÖ
BSVÖ: barrierefreie Kunst I: Ab ins Museum. Grafik einer divergenten Gruppe an Besucher:innen in einer Ausstellung.
Am 6. Dezember öffnet das Wien Museum am Karlsplatz nach einer langen und aufwendigen Umbauphase wieder seine Pforten. Die Dauerausstellung wird für alle Besucher:innen kostenlos zugänglich sein. Kunst ist also für alle da. Für alle? Wurde denn auch an blinde und sehbehinderte Besucher:innen gedacht? Wir verraten mehr!
Soviel sei vorweg gesagt: Ja! Barrierefreiheit spielt im neuen Wien Museum eine wichtige Rolle. Damit die Maßnahmen zur barrierefreien Kunstvermittlung auch möglichst nachhaltig und sinnvoll umgesetzt wurden, berieten Expert:innen des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Österreich das Museum.
Wien Museum neu
Ab dem 6. Dezember ist das Wien Museum nach einer aufwendigen Umbauphase, in der kaum ein Stein auf dem anderen blieb, wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Unter dem Titel „Wien. Meine Geschichte“ wird die Dauerausstellung für alle Besucher:innen kostenlos sein. Auf 3.300 m2 wird die Geschichte der Hauptstadt von der Frühzeit bis ins Heute erzählt.
„Das Wien Museum und seine Sammlung gehört den Wiener*innen!“, so Bürgermeister Michael Ludwig. „Der Gratiseintritt in die Dauerausstellung ermöglicht die Teilhabe an diesem historischen Schatz und repräsentiert eine nie dagewesene Demokratisierung des städtischen Kulturerbes.“
Geschichte(n) erzählen
Museen sind Orte der Bewahrung, des Sammelns und Forsches aber auch des Ausstellens und Präsentierens von Kultur und ihren Versatzteilen. Damit blinde und sehbehinderte Besucher:innen ebenso an der Wissensvermittlung teilhaben können und für sie Museen keine unzugänglichen Orte visueller Vermittlung bleiben, ist es notwendig, die Bedarfslage zu klären. Damit alle Besucher:innen an den Ausstellungen teilhaben können, ist es notwendig, Information im Mehrsinne-Prinzip anzubieten (nicht nur visuell, sondern auch zum Ertasten oder zum Anhören) und dass auch bauliche Fragen der Barrierefreiheit und Orientierung konsequent geklärt werden.
Lange Planungsphasen am Weg zur Inklusion
Schon 2021 begann die Zusammenarbeit – lange vor dem avisierten Eröffnungstermin. Damals wurde der BSVÖ mit der Bitte um Begleitung im Prozess zur barrierefreien Neustrukturierung der Dauer-Ausstellung kontaktiert. Dies war ein wichtiger Schritt, denn die durchdachte Planung von Maßnahmen zur Barrierefreiheit ist notwendig, um gute Ergebnisse zu erzielen und allen Personen einen möglichst angenehmen Museumsbesuch zu ermöglichen. So sieht es auch Richard Jäkel, Rehabilitationsfachkraft für Orientierung & Mobilität des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Wien, Niederösterreich und Burgenland, der gemeinsam mit Expert:innen des Verbandes von Beginn an in die Zusammenarbeit eingebunden war: „Die Einbeziehung in diesem frühen Stadium, insbesondere von Selbstbetroffenen wie Susanne Buchner-Sabathy, Margarete Waba und Veronika Mayer und der über die gesamte Zeit erfolgte kontinuierliche Austausch ist in meinen Augen vorbildhaft für einen inklusiven Planungs- und Bauprozess.“
Expert:innen von Anfang an mit in die Planung und Umsetzung einzubinden, ist eine wichtige Grundlage für das Gelingen von Inklusion und Teilhabe. Die dahingehend gute Zusammenarbeit mit dem Wien Museum hält auch Dr. Buchner-Sabathy fest: „Ich finde es sehr ermutigend, wie ehrlich bestrebt das Wien Museum ist, seine Angebote möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen und wie groß und umsichtig das Engagement der Mitarbeiter:innen bei der Umsetzung dieses Ziels ist. Und ich freue mich darauf, viele spannende Stunden bei der Entdeckung der Schätze dieser Ausstellung zu verbringen.“ Einen Tipp hat sie für Geschichtsinteressierte, die vorhaben, die Ausstellung zu besuchen: „Wer die Zusatzinformationen an den audiovisuellen Stationen in Ruhe und ohne Umgebungslärm anhören möchte, bringt am besten eigene Kopfhörer mit!“
Ankommen und zurechtfinden
Woran viele nicht denken: Der barrierefreie Museumsbesuch beginnt schon, bevor man noch das Ticket löst oder seine Sachen an der Garderobe abgibt. Denn wie kann das Museum selbst gefunden werden, wenn Orientierungs- und Navigationshilfen fehlen?
Die Beratungsarbeit wurde deswegen auch auf den Außenbereich und die Umgebung des Wien Museums ausgeweitet, wie Richard Jäkel berichtet: „Außer mit dem Wien Museum habe ich auch bei der Abstimmung mit der MA28 unterstützt, damit das im Resselpark geplante Leitsystem mit dem vom Wien Museum korrekt zusammenpasst, also gut miteinander verbunden ist.“
Damit die Ausstellung selbst nicht zum Irrgarten wird, investierten die Expert:innen viel Zeit in die gemeinsame Planung der baulichen Barrierefreiheit. „Hauptthemen waren hier in erster Linie Taktile Bodeninformationen, also die Auswahl der Materialien, Ausführung und Wegführung, Glasflächenmarkierungen, visuelle und taktile Markierung bei Treppen und Handlaufinformationen“, fasst Richard Jäkel zusammen. „Die Planung ist sehr komplex, da beim Aufbau der Ausstellung vor allem der visuelle Eindruck im Vordergrund gestanden ist. Das macht aber die Wegführung von Leitlinien natürlich nicht einfacher, da es wenige lange und gerade „Sichtachsen“ gibt und wir aber für die TBI auf eine möglichst einfache Wegführung mit möglichst wenigen Richtungsänderungen etc. achten müssen, um eine größtmögliche Übersichtlichkeit zu gewährleisten.“
Expertise im Wien Museum
Die Expertise der Fokusgruppe wurde unter anderem für folgende Bereiche der Barrierefreiheit herangezogen:
Taktile Bodeninformationen (TBI) führen zu allen wichtigen Servicebereichen und durch die ganze Dauerausstellung.
Ein Tastmodell des Gebäudes, ausgestattet mit QR-Code (taktil auffindbar), über den Informationen über Aufbau und Nutzungsmöglichkeiten des Museums abgerufen werden können, befindet sich im neu gestalteten Eingangsbereich.
Tastbare Pläne in allen drei Ausstellungsstockwerken ermöglichen Übersichts-Orientierung der jeweiligen Ausstellungsbereiche.
Einleitungstexte der 13 Ausstellungskapitel sind nicht nur grafisch verfügbar, sondern mit tastbaren QR-Codes verbunden.
Taktile Stationen geben Auskunft zu Plänen, Darstellungen und Modellen, die durch Informationen in Braille-Schrift und in manchen Fällen auch Audio-Informationen ergänzt sind.
Ein Medienguide, der über tastbare QR-Codes abrufbar ist, enthält neben den Kapiteltexten und zahlreichen Objektbeschreibungen auch Beschreibungen der Ausstellungsbereiche. Er ermöglicht Orientierung in der komplexen Ausstellung und gibt blinden oder sehbehinderten Personen einen guten Eindruck der räumlichen Gestaltung.
Audio-Stationen bieten über Hörmuscheln vor Ort zusätzliche Informationen zur Ausstellung.
AV-Stationen (audiovisuelle Stationen) mit Text-Inhalten, die durch Aktivierung des Vorlese-Modus auch für blinde und sehbehinderte Personen gut zugänglich sind.
Weiterführende Links
Homepage Wien Museum mit Kontakt und aktuellen Öffnungszeiten: https://www.wienmuseum.at/
Presseaussendung zur Dauerausstellung: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20231016_OTS0100/museumspolitischer-meilenstein-im-wien-museum
Kompetenzstelle für Barrierefreiheit des BSVÖ: https://www.blindenverband.at/de/barrierefreiheit/Kompetenzstelle
Landesorganisation BSV Wien, Niederösterreich, Burgenland: https://www.blindenverband-wnb.at/