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Elektro- und Hybridfahrzeuge endlich hörbar?

  • AVAS © BSVÖ

Geräuscharme Fahrzeuge können für blinde und sehbehinderte Menschen gefährlich werden. Vor allem in langsamem Tempo kann es schnell zu Konflikten mit anderen Verkehrsteilnehmenden kommen, denn hier kann man sich auch nicht auf das Abrollgeräusch der Reifen verlassen. Dafür gibt es eigentlich ein Frühwarnsystem: das AVAS, das ein akustisches Signal erzeugt, um ein herannahendes Fahrzeug aufmerksam zu machen. Aber wie sehen die Regelungen hierzu nun aus? Eine Entscheidung steht für November an…

Was sind die finalen Regelungen zum akustischen Warnsignal von Elektro- und Hybridfahrzeugen? Eine Entscheidung steht für November an

In den nächsten Monaten werden die finalen Bestimmungen zum Warngeräusch von Elektro- und Hybridfahrzeugen auf Ebene der Vereinten Nationen verhandelt. Hier erfahren Sie, welche unserer Forderungen bereits umgesetzt wurden und wofür wir uns auf nationaler und internationaler Ebene noch einsetzen werden.

Die Bestimmungen zum akustischen Warngeräusch, das Elektro- und Hybridfahrzeuge auch für Menschen mit Sehbehinderung hörbar machen soll, kurz AVAS, werden in einer Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zum Geräuschpegel von Fahrzeugen verhandelt. Die Weltblindenunion konnte unsere zentralen Forderungen in diese Arbeitsgruppe einbringen, einige davon bereits erfolgreich.

Das Verbot eines Pauseschalters für AVAS

Der Entwurf der Regelung schreibt vor, jegliche Pausenfunktion für das AVAS zu verbieten. Wir unterstützen diese Anforderung und begrüßen die Position der Arbeitsgruppe zu diesem Thema.

 

AVAS-Geräuschpegel

Wir begrüßen weiters die Verpflichtung der Arbeitsgruppe, die derzeitigen

Schalldruckpegel für den Mindestschall beizubehalten. Wir unterstützen auch die Idee einer Frequenzverschiebung, um Beschleunigung und Verlangsamung der Fahrzeuge zu signalisieren.

 

Die zwei folgenden Forderungen werden in den nächsten Wochen verhandelt.

 

Maximaler AVAS-Geräuschpegel

Es wird ein "maximaler Geräuschpegel" diskutiert. Wir halten es jedoch nicht für

angemessen, einen maximalen Geräuschpegel im Rahmen einer Sicherheitsvorschrift zu erörtern, in der ein Mindestgeräuschpegel und Parameter festgelegt werden sollen, bei denen dieser auftreten muss. Wir sind der Meinung, dass diese Anforderung in einer separaten Verordnung besser aufgehoben wäre.

 

AVAS bei Stillstand des Fahrzeuges

In der Verordnung heißt es derzeit: "Im Stillstand darf das Fahrzeug nur

dann ein AVAS-Geräusch abgeben, wenn das Antriebssystem des Fahrzeugs aktiviert wird", und es sind getrennte Szenarien für Fahrzeuge mit Automatik- und Schaltgetriebe vorgesehen. Ob mit Langstock oder Hund, Geräusche sind unerlässlich, wenn eine Person mit Sehbehinderung abwägt, ob sie gehen oder warten soll. Darüber hinaus bieten Geräusche Richtungshinweise, die sicherstellen, dass eine Person korrekt ausgerichtet bleibt, um auf die andere Straßenseite zu gelangen. Mit dem Aufkommen komplizierter Kreuzungen, an denen verschiedene Fahrspuren unterschiedliche Regeln befolgen können, nimmt die Bedeutung von erkennbaren akustischen Hinweisen exponentiell zu. Ein AVAS-Ton bei stehendem Fahrzeug ist somit ein wichtiges Sicherheitsmerkmal und sollte nicht nur optional verwendet werden, wie die folgenden Beispiele für blinde und sehbehinderte

Fußgänger zeigen.

 

Schlüsselszenarien

 

Es gibt drei Schlüsselszenarien, in denen das Standgeräusch von Fahrzeugen für die

Sicherheit von blinden und sehbehinderten Fußgängern wichtig ist. Die ersten beiden

Szenarien gelten auch für alle Fußgänger, insbesondere für Fußgänger, die durch

andere Aktivitäten abgelenkt sein könnten.

 

Szenario 1: Überqueren von Kreuzungen mit wenig Verkehr oder einem

Stoppschild

Wenn sehbeeinträchtigte Fußgänger sich einer Kreuzung mit wenig Verkehr oder einem Stoppschild nähern, achten sie in der Regel auf Geräusche eines Fahrzeugs. Wenn es keine Geräusche gibt, die auf die Anwesenheit eines Fahrzeugs hinweisen, überquert der Fußgänger die Kreuzung. Wenn die Umgebungsgeräusche sehr leise sind, kann es sein, dass die Person am Straßenrand stehen bleibt, in der Annahme, dass sie ein Fahrzeug hören würde, wenn es da wäre. Befindet sich ein stillstehendes Fahrzeug an der Kreuzung, könnte der Fußgänger mit Sehbehinderung vor das Fahrzeug treten, sobald es sich in Bewegung setzt, was zu einem Unfall führen könnte. Umgekehrt wird der Fußgänger, wenn das stehende Fahrzeug durch ein stationäres Geräusch wahrnehmbar ist, innehalten, um festzustellen, wann es sicher ist, die Straße zu überqueren. Das Standgeräusch hilft dem sehbeeinträchtigten Fußgänger auch festzustellen, ob es sich bei der Kreuzung um eine Zwei- oder Vierwege-Kreuzung handelt. Ohne das Standgeräusch ist der Fußgänger nicht in der Lage, das Verkehrsmuster richtig zu erkennen, und es ist daher wahrscheinlicher, dass er die Straße vor einem fahrenden Fahrzeug überquert.

 

Szenario 2: Zufahrten und Parkplätze

In vielen Vorstädten gibt es Bürgersteige, die an Einfahrten vorbeiführen. Wenn ein blinder oder sehbehinderter Fußgänger auf diesen Gehwegen geht, achtet er auf parkende Fahrzeuge, die möglicherweise den Gehweg queren. In vielen Fällen hat der Gehweg, der die Einfahrt überquert, die gleiche Beschaffenheit und das gleiche Gefälle wie die Einfahrt, so dass der betroffene Fußgänger möglicherweise gar nicht bemerkt, dass er eine Einfahrt überquert. Daher ist es wichtig, dass ein stehendes Fahrzeug, das sich möglicherweise in Bewegung setzt, einen Signalton abgibt, damit der sehbeeinträchtigte Fußgänger eine Pause einlegen kann, um festzustellen, ob es sicher ist, die Einfahrt zu überqueren. Diese Grundsätze gelten auch, wenn die Person auf einem Parkplatz an einer Reihe geparkter Fahrzeuge entlanggeht.

 

Szenario 3: Überqueren einer Kreuzung mit einer Ampel

Wenn blinde oder sehbehinderte Fußgänger eine Kreuzung mit einer Ampel überqueren, warten sie in der Regel darauf, dass der Verkehr in der einen Richtung anhält und der Verkehr in der anderen Richtung sich in Bewegung setzt.

Für eine sichere Überquerung ist es wichtig, dass beide Elemente erkannt werden. Das heißt, das Geräusch des fahrenden Verkehrs und das stehende Geräusch des Verkehrs. Sobald diese Feststellung getroffen ist, kann der sehbeeinträchtigte Fußgänger das Geräusch der stehenden Fahrzeuge nutzen, um sicherzustellen, dass er die Straße überquert, ohne zu weit nach rechts oder links

abzubiegen. Ohne das Standgeräusch könnte er versehentlich in den fließenden Parallelverkehr abbiegen. Dies gilt vor allem, wenn er eine mehrspurige Straße überquert oder wenn der Parallelverkehr unterbrochen ist.

Es gab einige Diskussionen über mögliche Verwirrung durch Umgebungsgeräusche. Wenn der Geräuschpegel in der Umgebung hoch ist, wird der blinde oder

sehbehinderte Fußgänger diese Situation wahrscheinlich wahrnehmen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Bei einem vorübergehenden lauten Geräusch, z.B. einem Müllwagen in der Nähe, könnte die Person warten, bis es aufhört. In anderen Fällen, in denen die lauten Umgebungsgeräusche wahrscheinlich anhalten

werden, z.B. wenn ein Straßenbautrupp mit lauten Werkzeugen arbeitet, könnte der sehbeeinträchtigte Fußgänger zu einer anderen Kreuzung gehen, an der der

Umgebungsgeräuschpegel niedriger ist.

 

Diese Szenarien wurden von Seiten der Weltblindenunion auch in die Diskussion innerhalb der Arbeitsgruppe eingebracht und sollen die realen Gegebenheiten veranschaulichen, mit denen sich blinde und sehbehinderte Menschen im Straßenverkehr täglich konfrontiert sehen. Die Verhandlungen der Arbeitsgruppe sollten im November zu einem Ergebnis kommen und selbstverständlich werden wir an dieser Stelle über alle weiteren Entwicklungen zum akustischen Warnsystems berichten.

Quelle: WBU

 

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