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ORF Publikumsrat Tagung

Menschen mit Behinderungen im Fokus

  • Im ORF-Zentrum am Künidlgberg im Sitzungssaal. © bsvö

Der Publikumsrat des ORF tagte am 12.9.2018 im ORF-Zentrum am Küniglberg. Mag. Walter Marschitz (Vorsitzender des Publikumrats; Bereich „Ältere Menschen“) und Walter Ablinger (Bereich „Menschen mit Behinderungen“) luden Vertreter von großen Behindertenorganisationen ein, um ihre Sichtweise des ORF Angebots für Menschen mit Behinderung zu präsentieren.

Herbert Pichler, Präsident des Österreichischen Behindertenrates, Dr. Markus Wolf, Präsident des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Österreich (BSVÖ) und Ing. Lukas Huber, Verbandsleiter des Gehörlosenverbands Niederösterreich und Generalsekretär des Österreichischen Gehörlosenbundes (ÖGLB) hatten für den ORF neben Anerkennung für seine Bemühungen, das barrierefreie Angebot auszubauen, auch Vorschläge und konstruktive Kritik, wie Barrierefreiheit und eine bessere Präsentation und Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderungen umgesetzt werden sollte.

Walter Ablinger, der die kommenden vier Jahre im Publikumsrat als Vertreter für Menschen mit Behinderungen fungieren wird, forderte neben einem besseren Angebot in einfacher Sprache und leichterer Verständlichkeit eine bewusstere Darstellung von Menschen mit Behinderungen, die nicht auf Mitleid oder suggeriertes Heldentum zielt. Eine neutrale, gleichwertige Betrachtung sei wichtig, gleichzeitig sollen Menschen mit Behinderungen sichtbarer werden. „Warum gibt es etwa keine Wettervorhersage, die von einer Person mit sichtbarer Behinderung präsentiert wird?“, bringt Ablinger als Beispiel. Auch die Übertragungsrate der paraolympischen Spielen im Vergleich mit olympischen Spielen kritisiert der Behindertensportler und wünscht sich mehr Zeit im ORF-Programm für Menschen mit Behinderungen.

Mit der Situation und der Darstellung von Menschen mit Behinderungen im ORF ist auch Herbert Pichler noch nicht zufrieden. Der Präsident des Österreichischen Behindertenrates kritisiert dass Menschen mit Behinderungen im Vergleich zu Deutschland vom ORF nicht genügend wahrgenommen werden. Während in vorweihnachtlichen Sendungen (Stichwort „Licht ins Dunkle“) eine recht einseitige Darstellung im Gang sei, sei im restlichen Jahr wenig von gleichwertiger Repräsentation zu sehen. Weg von den „armen Hascherln“, die auf Bettelgelder angewiesen sind, solle die Darstellung von Menschen mit Behinderungen in Richtung eines besseren Bildes gehen, und auch Themen der Behindertenarbeit sollen mehr Platz finden.

Audiodeskription sei im ORF zwar schon angekommen, allerdings bestehe noch ein großes Ausbaupotential, merkt Dr. Markus Wolf Präsident des BSVÖ an. Audiodeskription mache den Unterschied aus, ob ein Programm sinnvoll mitverfolgt werden könne, oder nicht. Sport sei ein Beispiel für einen Programmpunkt, der ohne Audiodeskription einfach nicht auskomme. Derzeit sei die Gewichtung der Programme aber generell noch nicht sehr aufgewogen; während Live-Übertragungen in erster Linie auf Sportereignisse und royale Hochzeiten entfallen, wünschen sich die Mitglieder des BSVÖ ein breiter gestreutes Angebot auch im Film- und Serienbereich.  Auch wenn sich der ORF in seinem Etappenplan der Audiodeskription 2010-2014 zu Steigerung der audiodeskripierten Stunden verpflichtete und hier von anfänglich 276 Stunden auf inzwischen 1.486 Stunden expandierte, mache das, aufgerechnet auf 4 Sender lediglich 4,24% des gesamten Programmes aus. Eine gleichzeitig hundertprozentige Zahlungsvorschreibung der GIS-Gebühren erscheint vor diesem Hintergrund unfair. Dr. Wolf stellte allerdings klar, dass nicht primär die Senkung der Gebühren das geforderte Ziel sei, sondern vielmehr der Ausbau der Barrierefreiheit, um gesellschaftliche Teilhabe zu verwirklichen.

Das Angebot an Sendungen mit Untertiteln sei groß, auch Programme mit Gebärdendolmetscher_innen gäbe es, obwohl auch hier Aufholbedarf bestehe, so Ing. Lukas Huber des ÖGLB. Bei der Untertitelung käme es zwischen Live-Übertragungen und der anschließenden Archivierung in der TVThek oft zu Diskrepanzen, auch die Darstellung von eingeblendeten Gebärdendolmetscher_innen sei in manchen Fällen zu klein bzw. an den falschen Stellen im Prozess der Kameraüberblendungen geschnitten. Bei Veranstaltungen bei denen Gebärdendolmetscher_innen anwesend sind, wird dennoch nicht immer darauf zurückgegriffen, diese auch einzublenden. Auch eine Lösung für Notsituationen, in der gehörlose Menschen informiert werden können, wird von Ing. Huber gefordert. An dem Programm für gehörlose Kinder solle ebenso gearbeitet werden.

Generaldirektor Dr. Wrabetz reagierte auf die vorgetragenen Forderungen mit Interesse, betonte allerdings die Einsparungen im Rahmen von 300 Millionen Euro, die den ORF bis 2021 beschränken würden und unter welchen auch der Ausbau der Barrierefreiheit zu betrachten sei.

 

Aufgaben des Publikumrats des ORF: https://der.orf.at/unternehmen/gremien/publikumsrat/aufgaben/index.html

Österreichischer Behindertenrat: https://www.behindertenrat.at

Österreichischer Gehörlosenbund: http://www.oeglb.at

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