Formular für Anfragen

Newsletter Anmeldung

Barrierefreie Wege aus der Pandemie

  • Covid © pixabay

Das quälende Kitzeln in der Nase, wenn der Abstrich für den Schnelltest gemacht wird, die Erleichterung und Vorfreude auf den längst überfälligen Friseurbesuch, wenn Sie das negative Ergebnis in Händen halten, oder gar die Zuversicht, dass bald vieles einfacher wird, die Ihnen hilft über die schmerzende Schulter und den nächtlichen Schüttelfrost nach der Impfung hinwegzusehen – kennen Sie das? Dann haben Sie vielen Menschen, die blind sind oder mit einer Sehbehinderung leben, einiges voraus. Für sie ist nämlich oft alleine das Vereinbaren eines Termins für einen einfachen Test, der ihnen ermöglicht, in Zeiten wie diesen ihren täglichen Aufgaben nachzugehen, ein einziger Hürdenlauf.

Testen, Impfen und all die anderen Maßnahmen, mit denen wir gemeinsam die Verbreitung des Coronavirus eindämmen und den Weg zur Normalität ebnen wollen, sind Teil unseres Alltags geworden. In letzter Zeit erreichen uns vermehrt Beschwerden und Hilferufe von blinden und sehbehinderten Menschen, die das alles bereitwillig mittragen wollen, aber durch zahlreiche Hürden daran gehindert werden. Nicht zuletzt sind sie dadurch auch stark in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt.

BSVÖ ©BSVÖ

Wo liegen die Probleme?

Ein wesentliches Problem besteht darin, dass die Webseite oesterreich-testet.at für Menschen, die am Computer oder Smartphone ein Screenreader-Programm nutzen, nicht zugänglich ist. Diese Webseite wurde vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit,  Pflege und Konsumentenschutz als Plattform zur Anmeldung für die Screening-Tests in ganz Österreich eingerichtet. Für einige Bundesländer wird auf externe Seiten verlinkt, bei denen man auf ähnliche Barrieren stößt. Dieselbe Problematik finden wir bei den Webseiten, die für die Anmeldung zur Covid 19 Impfung vorgesehen sind. Für blinde und sehbehinderte Menschen ist es dadurch unmöglich, diese Angebote ohne sehende Assistenz wahrzunehmen. Das kostet nicht nur viel Zeit und Nerven, sondern ist auch gesetzeswidrig.

Wir fordern nichts Utopisches

Auch, wenn natürlich derzeit vieles unter großem Zeitdruck entwickelt werden muss, so wären so grundlegende Fehler wie diese nicht nötig.  Dass öffentliche Webseiten barrierefrei zugänglich und nutzbar sein müssen, ist schon lange durch sowohl europäische als auch nationale Gesetze vorgegeben. Beispielsweise ist seit 2019 das Web-Zugänglichkeits-Gesetz in Kraft, mit dem einer EU Richtlinie Folge geleistet wird und das der öffentlichen Verwaltung (Bund, Länder, Gemeinden) und dem Bund zugeordneten Dienststellen eine barrierefreie Gestaltung digitaler Inhalte konform zu WCAG 2.1 Stufe AA vorschreibt. Die Umsetzung ist auch keine Hexerei und ohne Mehrkosten möglich, wenn nur rechtzeitig daran gedacht wird. Weiß man selbst nicht, wie das geht, gibt es genügend Expertinnen und Experten, die ihr Wissen zur Verfügung stellen.

Föderalismus macht die Sache nicht leichter

Leider liegt die Zuständigkeit für die gesamte Organisation rund um die Maßnahmen und Angebote im Zusammenhang mit der Pandemie meist bei den Bundesländern. Dadurch ist es nicht möglich, auf bundesweiter Ebene eine Initiative zu setzen, die automatisch zu flächendeckenden Verbesserungen führt. Findet man in einem Bundesland bei der zuständigen Behörde Gehör, so bedeutet das noch lange nicht, dass sich auch in anderen Bundesländern etwas tut. Dass man hier auf das Wohlwollen und die Kooperationsbereitschaft der Verantwortlichen vor Ort angewiesen ist, macht nicht nur die effektive Interessenvertretung sehr schwierig, sondern limitiert auch die Möglichkeiten, selbst Angebote wie z.B. Test- und Impfstraßen in BSVÖ Landesorganisationen auf die Beine zu stellen.

Gut zu wissen

Wie können wir Ihnen, wenn Sie von diesen Einschränkungen und Mängeln betroffen sind, konkret weiterhelfen?

Zunächst einmal hilft es Ihnen vielleicht zu wissen, dass es eine Alternative zur online Anmeldung gibt. Unter folgenden Rufnummern können Sie sich telefonisch für die Tests anmelden:

Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Burgenland sowie Apotheken in ganz Österreich - 0800/220 330

Niederösterreich – 0800 555 621

Salzburg – 1450 oder 0662 80 42 0

Wien – 1450

Tirol – 0800 80 80 30

Vorarlberg – 0810 810 600

Die telefonische Anmeldung zur Impfung ist in den meisten Bundesländern über die Gesundheitshotline 1450 möglich bzw. erhalten Sie dort weitere Auskünfte.

Für Angebote wie z.B. eigens eingerichtete Test- und Impftermine oder auch kurzfristig verfügbare Begleitdienste durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Testen und Impfen sind beim BSVÖ die Landesorganisationen zuständig. Wenn Sie Fragen zum Angebot in Ihrer Nähe haben,  wenden Sie sich bitte an die Landesorganisation in Ihrem Bundesland.

Gemeinsam erreichen wir mehr

Auch, wenn nicht überall alles gleich organisiert ist – je mehr wir voneinander wissen, desto weniger Räder müssen wir neu erfinden und desto mehr können wir Sie in ganz Österreich dabei unterstützen, gleichberechtigt die verschiedenen Angebote im Zusammenhang mit der Pandemie wahrzunehmen und Ihren Teil dazu beizutragen, diese schwierige Zeit bald und gut überstanden zu haben.

Bitte teilen Sie Ihre Informationen mit uns! Egal, ob Ihnen Probleme auffallen oder es in Ihrem Bundesland vorbildliche Lösungen gibt: Lassen Sie es uns wissen. Sie ermöglichen  uns damit, unsere Mitglieder bestmöglich zu informieren, und uns gleichzeitig zielgerichtet und in Ihrem Sinne  bei den Verantwortlichen für Verbesserungen einzusetzen.

Kontakt

DI Doris Ossberger, Referat für barrierefreies Bauen – barrierefrei@blindenverband.at

zurück