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BSVÖ: Barrierefreie Informationen IV – Standards im Web

  • barrierefreie Information © BSVÖ

Das World Wide Web ist grenzenlos! Oder doch nicht? Für blinde und sehbehinderte Menschen kann die große Freiheit des Internets schnell zu einem höchst beschränkten Gebiet schrumpfen, wenn Webseiten nicht barrierefrei gestaltet sind. Aber was heißt das für den digitalen Raum genau? Und worauf muss man Acht geben, wenn man selbst eine Webseite betreibt? Wir verraten es Ihnen!

Mäuse und Tasten

Einer der Grundunterschiede zwischen blinden und stark sehbehinderten Personen und Menschen ohne Sehbehinderung liegt in der Navigation von Seiten. Während Menschen ohne Sehbehinderung in der Regel mit der Maus unterwegs sind oder auf smarten Geräten direkt mit dem Finger berühren, was sie öffnen oder verändern wollen, surfen Menschen, die sich nicht visuell orientieren meist mittels der Tastatur. Das klappt aber nur dann, wenn Webseiten auch alle wesentlichen Elemente auch ohne Mausklick ansteuerbar machen und wenn die Struktur der Seite logisch aufgebaut ist. Die Ausgabe der Infos mittels Screenreader erfolgt durch eine (künstliche) Stimme, die Inhalte vorliest. So kann theoretisch die komplette Seite samt aller Unterabteilungen ausgelesen werden. Praktisch sieht die Situation aber anders aus.

Fehler über Fehler

Im WebAIM Million Projekt analysierte ein Programm seit 2019 1 Million Homepages auf Barrierefreiheit und stellte im ersten Jahr fest, dass 98,1% aller Seiten mindestens einmal gegen die Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (WCAG 2.0) verstießen. 

Im Durchschnitt wurden 60,9 Fehler pro Seite festgestellt.

Die Homepage des GAAD listet die sechs häufigsten Fehler auf:

  • Kontrastarme Texte (86.3%)
  • Fehlende Alt-Tags bei Bildern Text 66%
  • Nicht benannte Verlinkungen 59.9%
  • Fehlende Form Input Labels 53.8%
  • Nicht benannte Buttons 28.7%
  • Nicht festgelegte Dokumentsprache 28%

2023 lag die Fehlerquote noch immer bei 96,3% - die Rückläufigkeit der Fehler ist also sehr gering.

Regelwerk

Aber woran soll man sich halten im weltweiten Dschungel des Internets, wenn man keine Fehler machen möchte? Nun, damit das Web ein Ort für auch wirklich alle ist, wurden mit den Die Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (WCAG) ein Regelwerk geschaffen, das Empfehlungen abgibt. Diese Empfehlungen gelten nicht nur Maßnahmen zur Installation von Barrierefreiheit für blinde und sehbehinderte Menschen, sondern auch für Menschen mit Hörbehinderungen, Photosensibiliät, eingeschränkte Mobilität oder etwa Lernbehinderungen. Für öffentliche Stellen in der Europäischen Union sind die Standards (WCAG 2.1, Stufe AA) verbindlich. In Österreich regelt das Web-Zugänglichkeits-Gesetz die Lage (WZG). Webseiten und Apps des Bundes, der Länder und der Gemeinden müssen barrierefrei sein. Damit die WCAG up to date bleiben, sind sie in einer ständigen Aktualisierung begriffen. Das World Wide Web Consortium veröffentlicht die Standards in verschiedenen Sprachen.

Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt

Wer selbst eine Webseite installiert, sollte auf folgende, grundlegende Punkte achten, um alle Nutzer:innen vollwertig teilhaben zu lassen:

  • Die Strukturierung muss schlüssig und durch Strukturelemente ausgeführt sein. (Absatz-, Überschrifts-, Listenelemente, etc.)
  • Formulare müssen Felder haben, die angesteuert, gelesen, ausgefüllt und abgespeichert werden können. Pflichtfelder dürfen nicht nur visuell markiert sein.
  • Die gesamte Webseite und jede Funktion muss per Tastatur anwählbar sein.
  • Jedes Bild muss über ein alt-Attribut mit Alternativtext verfügen.
  • Linktexte müssen entsprechend anwählbar und markiert sein (wohin der Link führt, muss angegeben sein).
  • Videomaterial muss mit Texttranskripten versehen werden.
  • Alle zur Verfügung gestellten Informationen, Services und Formulare müssen auch per Tastatur auffindbar und entsprechend nutzbar sein.

Und passt das jetzt so?

Zur Überprüfung von Webseiten auf ihre Barrierefreiheit gibt es verschiedene Tools, die helfen können, Fehler zu finden. Das World Wide Web Consortium listet gängige Web Accessibility Evaluation Tools, die verwendet werden können.

Es empfiehlt sich aber, Expert:innen heranzuziehen, um sicher zu stellen, dass auch wirklich alle Webseiten-Bereiche barrierefrei ausgeführt sind.

Der BSVÖ hat hierfür einen Pool an Exptert:innen, die mittels Screenreader Fehler in der Barrierefreiheit aufzeigen können und somit professionelles und  verlässliches Feedback geben können. Ein eigener Lehrgang zu zertifizierten Screenreader Tester:innen macht’s möglich. Mehr zu dem Projekt (Potenzial Digital) erfahren Sie in den Links am Ende des Artikels.

Petzen erlaubt

Wenn Sie an Barrieren anstehen, ist es sinnvoll, diese auch zu melden. Viele Webseiten-Betreibende sind sich der Fehler nicht bewusst, weil ihnen die Expertise dazu fehlt und oberflächliche Prüfungen womöglich ergeben haben, dass gewisse Standards erfüllt werden. Offizielle Stellen, die zur Barrierefreiheit verpflichtet sind, müssen auf Beschwerden sofort reagieren. Sollten Sie also ein Hindernisse entdecken, können Sie sich an die Monitoring Stelle, die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) wenden, nachdem Sie sich direkt an die Webseiten-Betreibenden gewendet haben.

Weiterführende Links

WCAG Empfehlungen: https://www.w3.org/Translations/WCAG20-de/

Potenzial Digital: https://www.blindenverband.at/de/barrierefreiheit/PotenzialDigital

„Kontaktformular Beschwerdestelle digitale Barrierefreiheit“: https://www.ffg.at/form/kontaktformular-beschwerdestelle.

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