BSVÖ: Disability Pride Month I: Aktueller und wichtiger als je zuvor!
Disability Pride Month © BSVÖ
Schwarzer Hintergrund, Logo des BSVÖ, Farben der Disability Flagge quer durch das Bild (grün, rot, weiß, gelb, blau) "Juli 2023: Disability Pride Month"
Nachdem der Juni im Zeichen der Rechte der LGBTIQ+ Community und ihrer Unterstützer:innen gestanden ist, wehen auch im Juli bunte Flaggen. Was es mit ihnen auf sich hat? Juli ist Disability Pride Month!
Sommer, Sonne, Gleichstellung?
Für viele ist der Juli ein besonderer Monat: Ferienbeginn, Sommer, Urlaubszeit. Seit dem Jahr 1990 steht er aber auch für die Rechte und Forderungen von inzwischen rund 1,3 Milliarden Menschen mit Behinderungen weltweit.
Im Juli 1990 wurde in den USA mit dem „Americans with Disabilities Act“ (ADA) erstmals ein grundlegendes Bundesgesetz unterzeichnet, das Menschen mit Behinderungen Rechte sichern und landesweit nach dem Vorbild des „Civil Rights Act“ die Gleichstellung aller Menschen mit Behinderungen verankern und somit Diskriminierung verhindern sollte.
Der historische Akt war der Auslöser für die erste Disability Pride, die die Selbstermächtigung von Menschen mit Behinderungen in den Fokus rückte.
Heute, 33 Jahre später, hat sich zwar die Gesetzeslage im Bezug auf Gleichstellung und Chancengleichheit theoretisch geschärft, praktisch aber bestehen weiterhin grobe Mängel, Rückstände und Barrieren, was flächendeckende Inklusion betrifft. Der Disability Pride Month stellt auch hierfür die notwendige Bühne dar.
Stolz, Scham und alles dazwischen
Der Disability Pride Month trägt es in seinem Namen: den Stolz darauf, die Person zu sein, die man ist – ein Umstand, der, wie es unter anderem Raul Krauthausen in seinem höchst lesenswerten Beitrag „Das sind die Tücken des ‚Disability Pride Month‘“ thematisiert, reflektiert betrachtet werden muss. So hält er fest: „Ich bin nicht stolz auf meine Behinderung. Aber das Wichtige ist, ich schäme mich auch nicht ihretwegen. Nicht mehr!“
Dass Behinderung und Scham nach wie vor eng verknüpft sind, liegt tief in der alarmierenden Bereitschaft der Gesellschaft begründet, Menschen mit Behinderungen nicht als vollwertige Mitglieder wahrzunehmen, was sich u.a. in schlechteren Bildungschancen und Jobaussichten niederschlägt. Gleichzeitig fördert die Präsenz unzähliger Barrieren, die eine chancengleiche Teilhabe erschweren oder gar unmöglich machen, den Verlust von Selbstbestimmung und Eigenermächtigung.
Im Sinne eines Oberbegriffes für positive Stimmungen, Ideen und die gemeinsame Arbeit am Fortschritt, nähert sich Raul Krauthausen dem Pride-Begriff, den er in seinen Überlegungen aus vielen Perspektiven diskutiert, folgendermaßen an: „Ich denke, dass jeder einzelne Mensch mit einer Behinderung es verdient, stolz auf sich selbst zu sein und sich nicht von einer ableistischen Gesellschaft um diese angemessene und gerechtfertigte Selbstachtung betrügen lässt. ‚Disability Pride Month‘ ist ein Anlass, die eigene Einzigartigkeit und die der anderen zu feiern. Stolz darauf zu sein, wer wir sind und dass wir sind.“
Ein Monat der Aufmerksamkeit
„In Österreich wird eh schon so viel gemacht“, ist ein Satz, der immer wieder fällt, wenn es um Fortschritte im Bereich der Verankerung und Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen geht. Grob betrachtet kann dem auch zugestimmt werden – vor hundert Jahren sah die Lage wohl noch anders aus. Das darf aber nicht bedeuten, sich mit den bisher oft mühsam erkämpften Fortschritten nun zufriedengeben zu müssen. Nach wie vor sind die Baustellen allgegenwertig und werden in verschiedenen Bereichen sogar Schritte zurück anstatt vorwärts gemacht. Weder ist eine gleichberechtigte Teilhabe an politischen, kulturellen und sozialen Prozessen der Gesellschaft noch sichere und selbstbestimmte Mobilität, finanzielle Sicherheit oder ein barrierefreier Zugang zu Informationen oder der chancengleiche Zugang zu Bildung, Aus-, Weiterbildung und Berufsleben durchgehend und nachhaltig sichergestellt.
Für Menschen mit Behinderungen und Behindertenrechtsorganisationen in ganz Österreich bedeutet dies weiterhin also laut zu sein, für die eigenen Rechte einzutreten, auf Missstände hinzuweisen und Forderungen immer wieder aufs Neue zu formulieren, bis sie endlich Umsetzung finden. Dies geschieht nicht nur im Disability Month Juli, sondern an jedem Tag im Jahr.
In ganz Österreich für Sie da
Der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) und seine sieben spendenbasierten Landesorganisationen vertreten die Rechte und Forderungen von blinden und sehbehinderten Menschen in ganz Österreich.
Finden Sie hier Ihre Landesorganisation: https://www.bsv-austria.at/
Weiterführende Link
Raul Krauthausen: „Das sind die Tücken des ‚Disability Pride Month‘“, 23.7.2022, online unter: https://raul.de/allgemein/das-sind-die-tuecken-des-disability-pride-month/
Webseite des ADA (englisch): https://www.ada.gov/