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BSVÖ Mehrsinne Mittwoch: Informationen unter der Hand: Was Handlaufbeschriftungen uns sagen wollen

  • Mehrsinne Mittwoch © BSVÖ

Wenn man wissen möchte, wo man ist, kann die richtige Information am richtigen Ort enorm hilfreich sein. Am nützlichsten ist sie, wenn man sie auch entziffern kann.

Bevor es ans Lesen und womöglich sogar Verstehen einer Information geht, muss sie einmal gefunden werden. Bei sichtbaren Informationen ist das meist keine allzu große Wissenschaft, solange sich deren Anbieter:innen nicht allzu patschert anstellen. Sie werden ganz selbstverständlich überall dort zur Verfügung gestellt, wo irgendetwas nicht selbsterklärend ist – wohin ein Weg führt, welche Funktion ein Knopf hat, was sich hinter einer Tür verbirgt oder was in einen Mistkübel hinein soll. All das wird uns anschaulich vermittelt. Die Kunst besteht eigentlich nur noch darin, es so zu gestalten und zu platzieren, dass es nicht in der allgegenwärtigen Fülle der sichtbaren Eindrücke untergeht. Dann braucht man zum Finden der Information nur mehr aufmerksam in der Gegend herumschauen.

Die Sache mit dem Finden

Bei tastbaren Informationen ist das Auffinden eine deutlich größere Herausforderung – für Nutzer:innen und Planer:innen gleichermaßen. Schon alleine das Wissen darüber, dass es an einem Ort etwas Informatives zu ertasten gibt, drängt sich nicht so auf, wie es das bei sichtbaren Infos tut. Und selbst, wenn man weiß, dass es etwas zu finden geben sollte, gestaltet sich das „auf gut Glück durch die Gegend Tasten“ in einem Raum, der größer ist als der eigene Schreibtisch, ungleich schwieriger und weniger erfolgversprechend als sich sehend umzuschauen. Man kann es drehen und wenden, wie man will: das Tasten gehört nun mal nicht zu den Fernsinnen wie das Sehen oder auch das Hören. Gibt es dann überhaupt eine Möglichkeit, kleine tastbare Schilder in einem großen Gebäude zu finden?

Selbstläufer in puncto Finden

Eine Möglichkeit, die man als Planer:in immer hat, ist, zu einer taktilen Information eine taktile Leitlinie hin zu führen, wenn man will, dass sie gefunden wird. Das Problem ist nur, dass man bei taktilen Leitlinien schon ziemlich genau darauf achten muss, dass es nicht zu viele werden. Dafür muss sorgfältig ausgewählt werden, wohin eine Linie wirklich sinnvoll ist. Würde man jede einzelne tastbare Information anbinden, hätte man bald am Boden eine kreuz und quer gestreifte Fläche und erst wieder keine Orientierung. Deshalb behilft man sich damit, tastbare Schilder in erster Linie an Stellen anzubringen, an denen es auch ohne extra hin geführt zu werden, gute Chancen gibt, dass man sie findet.

Solche Stellen gibt es nicht allzu viele. Ein Klassiker sind Türschilder. Zugegeben, so ganz intuitiv auffindbar sind die nicht. Aber sie sind immerhin als Möglichkeit dafür, tastbare Informationen unterzubringen, so bekannt, dass es den Aufwand wert ist, auf gut Glück nach einer zu suchen. Am besten tut man das an der Wand unmittelbar neben der Türe auf der Seite, wo die Türschnalle ist, ungefähr in Durchschnitts-Augenhöhe. Wenn es etwas gibt, dann sollte es dort in der Gegend montiert sein.

Es geht aber noch intuitiver, und zwar bei Handläufen: Dadurch, dass sie ja die Funktion haben angegriffen zu werden, gelingt es tastbaren Informationen kaum wo anders so gut, sich wie von selbst unter die Finger zu legen.

Ist da etwas?

Natürlich bzw. leider ist nicht überall, wo ein Handlauf ist, zwangsläufig auch eine tastbare Information. Am wahrscheinlichsten sind sie direkt am Anfang und Ende jedes Handlaufs – also bei einer Treppe auf beiden Seiten – zu finden. Am besten auf dem waagrechten Teil, der über die Treppe ein wenig hinaus führt. Dort gehören sie laut Norm nämlich hin. Das hat einen guten praktischen Grund, denn es gewährleistet, dass man beim konzentrierten Lesen in Ruhe am Treppenpodest stehen kann und nicht mitten auf der Treppe, wo der Untergrund doch deutlich unsicherer ist. Oft wird das aber nicht so strikt eingehalten – manchmal aus Unwissen, manchmal aus Unwillen und manchmal einfach deshalb, weil es diesen waagrechten Teil des Handlaufs nicht gibt. Wenn sich also direkt am Anfang und Ende eines Handlaufs nichts Tastbares aufdrängt, sollte man die Hoffnung auf den nächsten paar Zentimetern noch nicht aufgeben. Wenn es allerdings zu weit in Richtung Verlauf der Treppe geht, dann ist ein Schild, das man dort noch findet, zumindest nicht so platziert, wie wir und die Norm uns das vorstellen.

Essenzielles zur Orientierung

Was können Sie sich nun an Informationen auf so einem Handlaufschildchen erwarten? Nun, Romane können und sollen auch gar nicht untergebracht werden. Im Gegenteil, je kürzer und prägnanter die Information ist, desto besser. Allgemein verständlich sollte sie dabei trotzdem bleiben. Deshalb ist besonders bei Abkürzungen Vorsicht geboten. Da sollten wirklich nur absolut gängige, wie z.B. „Str.“ für „Straße“ genutzt werden. Einiges an Kürze könnte man mit Symbolen erreichen. Aber auch da gilt es, sich auf eine sehr geringe Auswahl von einfach ertastbaren und selbsterklärenden Symbolen zu beschränken. Am allerbesten arbeitet man nur mit Pfeilen in verschiedene Richtungen in Kombination mit Text. Für das, was Handlaufinformationen uns sinnvoller Weise sagen können und sollen, reicht das absolut aus: Wo sind wir, woher kommen wir, wohin gehen wir? Fast schon philosophisch, oder?

Lesen mit zwei Sinnen

Damit möglichst viele Menschen sie nutzen können, müssen die Informationen auf den Handlaufschilder nicht nur tastbar, sondern auch gut sichtbar sein – zumindest jener Teil, mit dem sehende Menschen etwas anfangen können. Also für die als Relief ausgeführten Großbuchstaben, Ziffern, Pfeile und sonstige Symbole. Die Brailleschrift muss nicht gut sichtbar sein – obwohl es auch niemanden stört, wenn sie es ist. Gerade auf Handlaufschildern ist der beste Platz, um sie unterzubringen, sogar einer, wo sie für sehende Menschen eher versteckt ist: auf der Seite des Handlaufs, der den auf der Treppe stehenden Nutzer:innen abgewandt ist. Bei Handläufen mit einem runden Querschnitt kann die Information an dieser Stelle besonders bequem gelesen werden, weil es eine Handhaltung erlaubt, in der das Tasten gut funktioniert. Gleichzeitig geht es sich so aus, dass die Zeichen, die gesehen werden müssen, schön prominent entlang der Oberseite des Handlaufs verlaufen.

Aber Moment, kurz zurück: Haben Sie richtig gelesen, habe ich da gerade von „sonstigen Symbolen“ gesprochen? Und hatte ich nicht eben noch behauptet, man sollte sich tunlichst auf Pfeile beschränken? Ja, erwischt, da habe ich Ihnen noch eine Kleinigkeit vorenthalten. Oder besser gesagt: Ich habe Ihnen das Beste zum Schluss aufgehoben. Es gibt nämlich noch drei weitere Symbole, die für Handlaufinformationen typisch sind. Das sind sie, weil sie in der Norm stehen. Oder umgekehrt. Wer weiß das schon – ist wohl eine von diesen Henne- und Ei-Geschichten. Jedenfalls sind sie erfahrungsgemäß nicht für alle so selbsterklärend, wie es die Norm sich vorstellt.  

Zeichen richtig deuten

Das erste dieser Symbole wird in der Norm „Fadenkreuz“ genannt und wird verwendet, um den Standort zwischen den Wegen in zwei unterschiedliche Richtungen zu kennzeichnen. Das ist nichts anderes als ein kleiner Kreis, von dem oben, unten, rechts und links jeweils ein kurzer Strich weg geht. Dort, wo eine Richtung angegeben wird, ist dieser Strich zu einem Pfeil verlängert. Wenn Sie also z.B. zu einer aufwärts führenden Treppe kommen, könnte dort ein Schild sein, auf dem in der Mitte ein solcher Kreis ist, von dem aus ein Pfeil in Richtung Treppenaufgang und ein zweiter in die entgegengesetzte Richtung zeigt. Jeweils hinter dem Pfeil sollte dann stehen, wohin er zeigt. Also z.B. ein Straßenname, eine Buslinie, eine Zimmernummer oder sonstiges. Sie wissen dann also, welche Wege Ihnen zur Auswahl stehen.

Das zweite Symbol ist eines für „Ausgang“, das gleichzeitig angibt, in welche Richtung Sie gehen müssen, um dorthin zu kommen. Es ist ein auf einer Seite offenes Rechteck. Aus der offenen Seite heraus zeigt ein Pfeil in die Richtung, in der der Ausgang liegt. In einem Gebäude könnten Sie z.B. ein Schild finden, auf dem ein „1.OG“ Sie darüber informiert, dass Sie im ersten Obergeschoß sind, und rechts oder links davon das eben beschriebene Zeichen Ihnen den Weg zum Ausgang weist. Für Notausgänge gibt es eine Spezialform dieses Zeichens, mit einem zweiten Strich parallel zur geschlossenen Seite des Rechtecks. Sehend unterscheidet es sich zusätzlich durch den grünen Hintergrund vom „normalen“ Ausgang-Zeichen. Es wird eingesetzt, wenn der Notausgang nicht derselbe wie der allgemeine Ausgang ist.

Das dritte Symbol ist dazu da, um am Handlauf auf eine taktile Informationstafel an der Wand hinzuweisen. Das kann sinnvoll sein, wenn es an einer Stelle mehr Informationen braucht als man auf einem Handlauf unterbringen kann. Außerdem bietet es sich an, wenn man den Handlauf als Leitelement nutzen möchte, das zu einer Informationstafel führt. Das Zeichen besteht aus einem kleinen „I“ (kurzer senkrechter Strich mit Punkt darüber), das für „Information“ steht und rechts und links zwei gebogenen Pfeilen, die in Richtung Wand zeigen.

Kontakt

Die Norm, in der all das beschrieben ist, heißt ÖNORM V 2105. Im Moment wird eine europäische Norm über taktile Beschriftungen ausgearbeitet, die die österreichische Norm wahrscheinlich in einigen Jahren ersetzen wird. Der BSVÖ arbeitet an der Entwicklung dieser europäischen Norm tatkräftig mit. Möchten Sie uns dafür etwas aus Ihrer Erfahrung als Nutzerin oder Nutzer mitgeben? Oder haben Sie weitere Fragen zur Bedeutung der Handlaufinformationen? Melden Sie sich gerne bei Doris Ossberger unter barrierefrei@blindenverband.at

 

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